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In Arbeitslosigkeit vereint: 3,5 Mio.

■ Rekord in Ost und West/ Kurzarbeit im Westen sprunghaft angestiegen/ Weniger ABM

Nürnberg (taz) – Die Arbeitslosigkeit in Deutschland hat den höchsten Stand seit der deutschen Vereinigung erreicht. Insgesamt waren Ende Januar in Ost und West 3,45 Millionen Menschen arbeitslos. Weitere 2,1 Millionen sind nur deswegen nicht arbeitslos gemeldet, weil sie entweder kurzarbeiten, im Rahmen von Arbeitsbeschaffungs-, Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen beschäftigt oder vorzeitig in den Ruhestand gegangen sind. Während der Deutsche Gewerkschaftsbund von einem „katastrophalen Einbruch auf dem Arbeitsmarkt“ sprach, mahnte SPD-Bundesgeschäftsführer Karl-Heinz Blessing eine „gründliche Kurskorrektur“ bei der Bundesregierung an. Diese habe jedoch nicht mehr die Kraft, „das Steuer herumzureißen“.

Mit dem Satz: „Ich will die Wahrheit auf den Tisch legen“, trat der frischgebackene Präsident der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit, der CDU-Politiker Bernhard Jagoda, zu seiner ersten Arbeitsmarkt- Monatspressekonferenz vor die Journalisten. Diese Wahrheit sieht sowohl für die alten als auch für die neuen Bundesländer düsterer denn je aus. In der ehemaligen Bundesrepublik erhöhte sich im Januar die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem Vormonat sprunghaft um 232.000 auf 2,257 Millionen. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von jetzt 7,4 Prozent. Auch die Zahl der Kurzarbeiter schnellte um 207.600 auf 857.200 in die Höhe. Im Straßenfahrzeugbau hat sich die Kurzarbeit gegenüber dem Vormonat sogar verdreifacht. Vom konjunkturellen Abschwung im Westen sind insbesondere die Metall- und Elektroberufe, die Chemie- und Kunststoffverarbeitung sowie naturwissenschaftliche und technische Berufe betroffen. Lediglich die Baubranche blieb bislang verschont.

Auch im Osten ging es im Januar weiter bergab. Knapp 1,2 Millionen Arbeitslose registrierten dort die Arbeitsämter Ende Januar, 93.600 mehr als im Dezember. Die Quote stieg von 13,5 auf 14,7 Prozent. Jagoda begründete die Abwärtsentwicklung mit „strukturell begründeten Entlassungen u.a. aus Treuhand-Unternehmen und dem Öffentlichen Dienst, saisonalen Einflüssen und dem Rückgang der ABM-Beschäftigten“. In der Tat sind die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen stark rückläufig. So wurden 1992 126.300 Personen weniger in ABM vermittelt als ein Jahr zuvor, jetzt im Januar erneut 30.000 weniger als im Vormonat. Aufgrund der Sparmaßnahmen der Bundesregierung wird sich diese Tendenz nicht nur bei den ABM, sondern auch den beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen noch verstärken.

„Lichtblicke“ machte Bernhard Jagoda lediglich bei den Schlossern, Elektrikern und den Gästebetreuern aus. Die „Gästebetreuer“ avancierten zum Beruf der Stunde, dort wurden 10 Prozent weniger Arbeitslose als ein Jahr zuvor registriert. Weitere Hoffnungen wollte der Präsident der Nürnberger Bundesanstalt für die nächsten Monate nicht machen. Erst für Ende 1993 prognostizierte er eine Aufwärtstendenz auf dem Arbeitsmarkt. Im Durchschnitt rechnet Nürnberg für das Jahr 1993 mit 2 bis 2,1 Millionen Arbeitslosen im Westen und 1 bis 1,25 Millionen im Osten – „wenn alles gut geht“. Bernd Siegler

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