: Polenland soll wieder in deutsche Hand
■ Warschauer Regierung will den Immobilienmarkt auch für Ausländer öffnen
Warschau (taz) – Adam Tanski, Chef der Staatlichen Landagentur, ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden. Er soll Polens staatliche Landwirtschaftsgüter an den Investor bringen, und das, obwohl viele der Höfe überschuldet, zahlungsunfähig und unrentabel sind. Eine britische Anwaltsfirma und ein eigener, polnischer Außenhandelsbetrieb sollen nun den Erwerb von Nichtagrarland für Ausländer erleichtern. Die Genehmigungen für die Ausländer soll diese Agentur künftig selbst einsammeln. Damit will Tanski den Markt beleben. Die Gefahr eines „Ausverkaufs ans Ausland“ sieht er nicht.
Er unterscheidet sich da von Vizepremier Goryszewski, der unlängst erst vor „massiven illegalen Landkäufen bei Staatsgütern durch Deutsche“ gewarnt hatte, ohne allerdings konkrete Fälle zu nennen. Weil Polens Behörden davor besondere Angst haben, braucht jeder Ausländer, der in Polen Land oder Immobilien erwerben will, eine Genehmigung des Innenministeriums, das wiederum jedes Angebot mit dem Bauministerium oder dem Landwirtschaftsministerium absprechen muß.
Agrarland stand bisher grundsätzlich nicht für Ausländer zur Verfügung, auch andere Immobilien wurden verweigert, wenn sie nicht wirtschaftlich genutzt werden sollten oder – bei Wohnungen und Wohnhäusern – der Käufer keine besonderen Bindungen an Polen nachweisen konnte – zum Beispiel einen längeren ständigen Wohnsitz, einen polnischen Ehepartner oder eine polnische Abstammung.
Kein Wunder, daß der ausländische Anteil an Polens Grund- und Immobilienmarkt gering ausfällt. Nach den jüngsten Zahlen lehnte das Innenministerium bis Oktober letzten Jahres 38 von 394 Anträgen ab. Verkauft werden konnten damit gerade 332 Hektar und 48 Immobilien, von denen 40 an natürliche Personen gingen. Die meisten Hektar dagegen gingen an Firmen im Zusammenhang mit Investitionen. Die meisten Antragsteller, 103 insgesamt, kamen aus Deutschland. Nicht in dieser Zahl inbegriffen ist die Familie des ehemaligen Reichskanzlers von Bismarck, deren Ansuchen auf Rückkauf ihres Besitzes bei Nowogrod abgelehnt wurde.
Viele Betriebe, die in Polen investieren, ziehen den Kauf der Pacht und der Miete vor. Dies liegt vor allem daran, daß die Mieten besonders in Warschau das Niveau von Frankfurt und München zum Teil schon hinter sich gelassen haben, die Preise für Eigentum dagegen noch relativ gemäßigt ausfallen. Sie sind im vergangenen Jahr sogar noch im Verhältnis zum Dollarkurs gefallen. Dieser Trend dürfte bei Wohnraum noch einige Zeit anhalten.
Wesentlich billiger mieten und kaufen läßt sich dagegen in der Provinz, wobei Städte wie Posen, Danzig und Stettin bereits zu Warschau aufschließen. Der Wohnungsmarkt in Polen ist durch die Wirtschaftsreform und besonders die Politik des knappen Geldes in eine kuriose Schieflage geraten. Die großen Wohnungsbaugenossenschaften sind überschuldet, seit die Zinsen der früher staatlichen Billigkredite für den Wohnungsbau über der Inflationsrate liegen. Zugleich verweigern immer mehr Mieter in den großen Hochhaussiedlungen vor den Städten die Zahlungen, da ihr Einkommen zusammenschrumpft und Räumungen in Polen nur durchgeführt werden können, wenn Ersatzwohnungen vorgewiesen werden können.
Damit geraten die Genossenschaften, die meist auch noch einen überdimensionalen Verwaltungsapparat finanzieren, immer weiter in Rückstand. Ihre Belastungen geben sie an Genossenschafter weiter, die manchmal jahrzehntelang Beiträge gezahlt haben. Umsonst: Wenn sie nun eine Wohnung beziehen wollen, stehen sie plötzlich vor der Forderung horrender Abstandszahlungen.
Die Folge ist, daß fertige Wohnungen leer stehen, denn zum kostendeckenden Preis will sie niemand mieten oder übernehmen. In manchen Warschauer Wohnblocks wird der Quadratmeter für 7 bis 8 Millionen Zloty (etwa 700 bis 850 Mark) verkauft, während er in Mehrfamilienhäusern in guter Wohnlage zum Teil schon ab umgerechnet circa 550 Mark zu haben ist. Der Grund: Die privaten, kleinen Baugesellschaften, die dort bauen, haben geringe Verwaltungskosten und vor allem keine Zinslasten bei den Banken. Klaus Bachmann
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