Bosnien: USA kündigen „neue Vorschläge“ an

■ Dabei wird es sich jedoch nicht um eine grundlegende Alternative zum Vance/Owen-Plan handeln/ Deutsches Hilfsflugzeug zur Notlandung gezwungen

New York (taz) – Der UNO-Sicherheitsrat in New York wird sich am heutigen Montag zum erstenmal mit dem von den Unterhändlern der UNO und der EG, Cyrus Vance und David Owen, am 2. Januar vorgelegten Friedensplan für Bosnien befassen. Wegen der amerikanischen Kritik an der zukünftigen Aufteilung Bosniens in zehn Provinzen wird über diesen Plan jedoch vorläufig nicht abgestimmt werden. US-Verteidigungsminister Les Aspin kündigte an, Washington werde noch in dieser Woche „neue Vorschläge“ auf den Tisch legen.

Dabei dürfte es sich jedoch nicht um eine grundlegende Alternative, sondern um den in einigen Details veränderten Vance/Owen- Plan handeln: die Korrekturen einiger Grenzen auf der von den beiden Unterhändlern vorgelegten Provinzen zu Gunsten der Muslime; striktere Bestimmungen zum Rückzug und zur internationalen Kontrolle schwerer Waffen; (dies hat der muslimische Außenminister Bosniens, Haris Silajdžić, als „wichtigste Forderung“ seiner Regierung bezeichnet); die Androhung von Luftangriffen im Fall der Verletzung dieser Bestimmungen beziehungsweise des militärischen Flugverbots über Bosnien und schließlich die Entsendung einer 20- bis 30.000 Mann starken Truppe zur Durchsetzung des Abkommens.

Owen hatte in den letzten Tagen Washington mehrfach öffentlich aufgefordert, gemeinsam mit anderen Nato-Staaten die Soldaten für eine solche internationale Truppe zu stellen. In Washington wie New York wird davon ausgegangen, daß Präsident Clinton eine Teilnahme russischer Soldaten zur Voraussetzung für eine Beteiligung der USA macht. Darauf läßt die bislang nicht näher erläuterte Äußerung schließen, vor allem die Russen müßten bei der Umsetzung eines Friedensplanes voll einbezogen werden.

Bei den Beratungen der beiden Unterhändler mit Serbenführer Radovan Karadžić brachte dieser eine Karte mit neuen Gebietsforderungen ein. Außenminister Silajdžić lehnte seinerseits die von Vance und Owen vorgelegte Karte erneut grundsätzlich ab. Der Sprecher von Vance und Owen schloß nicht aus, daß die beiden Unterhändler die Verhandlungen mit den Führern der bosnischen Kriegsparteien am Sonntag abend endgültig beenden und das weitere Schicksal ihres Plans ganz in die Hände des Sicherheitsrats legen.

Zagreb (dpa/AP) – Die Regionalwahlen in Kroatien wurden am Sonntag von Kämpfen entlang der Waffenstillstandslinien zu den serbisch besetzten Gebieten Kroatiens beeinflußt. Nach Berichten des kroatischen Fernsehens war in zahlreichen Orten in unmittelbarer Nähe der Krisengebiete eine „ziemlich geringe“ Wahlbeteiligung erkennbar. Auch in der Küstenstadt Zadar und mehreren umliegenden Ortschaften, in denen wegen serbischer Artillerieangriffe Alarmzustand herrschte, waren bis Mittag nur wenige Bürger in den Wahllokalen erschienen. Knapp 3,6 Millionen stimmberechtigte KroatInnen sollten über rund 8.000 regionale Spitzenämter sowie die Vergabe der 63 Sitze im neuen Parlaments-Oberhaus in Zagreb entscheiden.

Das Hilfsflugzeug der Bundeswehr, das am Samstag nachmittag in Kroatien notlanden mußte, ist nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums „vermutlich doch“ beschossen worden. Die UNO hatte bereits am Samstag von einem Beschuß gesprochen, Bonn hatte jedoch die Möglichkeit eines technischen Defekts nicht ausgeschlossen. Die kroatische Armee beschuldigte Truppen der von den Serben kontrollierten Krajina, die deutsche Transall-Maschine beschossen zu haben. Die Armeeführung berief sich auf Augenzeugen, nach deren Aussagen die serbischen Flugabwehrgeschütze in der Umgebung von Karlovac das Feuer auf das Flugzeug eröffnet hätten. Bei dem Beschuß der Maschine war ein 40jähriger Hauptfeldwebel schwer verwundet worden, die UNO stellte ihre Hilfsflüge nach Sarajevo ein.

Die schweren Gefechte in Bosnien sind am Samstag völlig überraschend zu sporadischen Kämpfen abgeflaut. Das Flüchtlingshilfswerk der UNO (UNHCR) stellte jedoch fest, daß die serbische Seite rücksichtslos im Osten Bosniens die „ethnische Säuberung“ fortsetze, was eine neue Flüchtlingswelle zur Folge habe. Mindestens 5.000 Menschen trafen nach Informationen des UNHCR seit Mitte der Woche in der Industriestadt Tuzla im Norden Bosniens ein. Die Moslems waren von vorrückenden serbischen Einheiten in den Frontgebieten zusammengetrieben und durch die Kampflinien zu den moslemischen Truppen geschickt worden. Andreas Zumach