piwik no script img

DIN-A-Natur

■ Kleinkarierte Kleingärtner sägen Restauwald ab / Bremischer Baumschützer machtlos

In schöner Regelmäßigkeit kreischen auf dem Gelände der Freizeitanlage Arsten e.V. die Motorsägen. Weichen mussten zuletzt Ende Januar elf alte Kopfweiden; Dutzende solcher Bäume wurden in den letzten Jahren umgesägt. Einer der wenigen verbliebenden Restauwälder mit altem Silberweidenbestand an der Weser geht hier verloren: „Ich bin mir sicher, daß da bald nicht eine Weide mehr steht“, sagt Rolf Grot, bremischer Hüter der Baumschutzverordnung — doch obwohl Weiden als Nistplatz für Vögel und Eulen „einen hohen Schutzwert“ (Grot) genießen, ist der behördliche Baumschützer machtlos.

Die Kleingärtner der Freizeitgemeinschaft Arsten haben es gern ordentlich. Und Bäume machen schließlich Dreck,Arbeit und nehmen die Sonne weg - Gründe genug, jahrein, jahraus beim Ortsamt Obervieland das Abholzen am liebsten gleich des ganzen Baumbestandes zu beantragen. Das Dilemma der Umweltbehörde, die nicht nur in diesem Fall den Natur-DIN-Fans liebend gern das Abholzen verweigern würde: Der gesamte Weiden-Baumbestand ist 60 bis 80 Jahre alt, für Weiden ein mehr als gesegnetes Alter. Bis 1970 konnte sich dieser Restauwald selbst regenerieren und erneuern. Früher holten sich dort laut Behördenauskunft die Arster BürgerInnen ihr Korbflechtmaterial sowie Erlenholz für die Holzschuhe aus dem sorgsam gepflegten Gehölz — heute treiben dort Parzellisten, FerienhausinhaberInnen und der Weidenbohrer, eine Holzwurmart, ihr Unwesen. Letzterer ist eine natürliche Erscheinung der Zeit, erstere wurden 1970 wegen der Hafenerweiterung von Lankenau nach Arsten umgesiedelt — mitten in den Restauwald. „Das war ein Fehler, den man heute sicher nicht mehr machen würde“, gibt Rolf Grot zu. „Kleingärten und ein Restauegebiet — das sind zwei Paar Schuhe, die nicht zueinanderpassen.“

Doch passiert ist passiert, und nun arten die Baumgreise zu einem „versicherungstechnischen Problem“ aus. Offiziell zumindest. Denn da gibt es die „Verkehrssicherungspflicht“ — zeigt ein Baum nach Augenschein auch nur Ansätze von Windbrüchigkeit oder Vermorschung, bleibt der Behörde in einem Kleingartengebiet nichts anderes übrig, als die Abholzung zu genehmigen. Was zwar nicht heißt, daß die Bäume gefällt werden müssen, aber wie gesagt, die Arster Kleingärtner haben es gern ordentlich.

In diesen Kreisen scheint sich Umweltbewußtsein mehr als nur mühsam einzuschleichen: Der Wunsch nach Abholzen, aus Kostengründen am liebsten immer gleich alles, ist dort weit verbreitet — das weiß Grot aus Erfahrung. Und deshalb werden in der Freizeitgemeinschaft Arsten auch nicht etwa — als vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahme — neue Weiden gepflanzt, um den sterbenden Bestand zu ersetzen. Stattdessen machen sich am Rand des Geländes Eichen, Buchen, Schlehe und Weißdorn breit — eigentlich untypisch, aber „aufgrund der Nutzung des Geländes“ für geboten erachtet. Denn Weiden werden nicht sehr alt — „das Problem würde also immer wieder auftauchen“, so Baumschützer Grot. skai

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen