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Kartellamt kratzt an Strommonopolen

■ Ausschließlichkeitsvertrag zwischen Kleve und RWE soll verboten werden

Berlin (taz) – Wenn es nach dem Bundeskartellamt geht, verlieren die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) bald das Recht, die Stadt Kleve ausschließlich mit Strom zu versorgen. Das Kartellamt erwartet zwar Klagen durch alle Instanzen, wie Abteilungsleiter Kurt Markert gestern vor JournalistInnen sagte. Aber am Ende glauben die Wettbewerbshüter, daß die Ausschließlichkeitsbindung, die den RWE das Strommonopol sichert, aus dem Vertrag getilgt sein wird. Dann könnte auch die Konkurrenz Strom nach Kleve liefern.

Nach deutschem Wettbewerbsrecht darf das Kartellamt Konzessionsverträge in der Versorgungswirtschaft nicht beschränken. Aber seit 1990 können die deutschen Wettbewerbshüter auch das EG-Kartellrecht anwenden – und dagegen verstößt der Vertrag zwischen RWE und der Stadt Kleve. Daß aus Brüssel bisher noch keine Klage gegen die deutsche Praxis der Stromverträge gekommen ist, obwohl seit 1962 die Möglichkeit dazu besteht, führt Markert vor allem auf die Monopolstrukturen auch in anderen Ländern zurück. „Da hat sich niemand drangetraut.“

Die knapp 50.000 EinwohnerInnen zählende Stadt Kleve erschien dem Kartellamt als ein besonders günstiger Pilotfall, weil sie an der holländischen Grenze liegt. Im Nachbarland ist der Strom zum Teil wesentlich billiger. Und im Gegensatz zum französischen Strommonopolisten EDF sind die niederländischen Stromerzeuger nicht abgeneigt, auch über die Grenze hinweg zu liefern. Einzelne Großabnehmer oder auch die Stadt selbst könnten also durchaus ein Interesse daran haben, nach Ablauf des Vertrages mit den RWE Ende 1994 Strom auch aus anderen Quellen zu beziehen.

Schwieriger zu knacken sind für das Kartellamt die Stromverträge in Städten, die mitten im Land liegen. Denn der entscheidende Artikel 85 der EWG-Verträge kann nur dann angewandt werden, wenn er einen grenzüberschreitenden Effekt hat. Für Stromtrassen und -lieferungen aus dem Ausland müßten auch die dazwischen liegenden Städte und Gemeinden ihre Zustimmung geben. Trotzdem ist Kartellamtspräsident Dieter Wolf optimistisch, langfristig auch hier die Verträge mit Ausschließlichkeitsklauseln zu knacken.

In den nächsten Wochen will das Kartellamt der Stadt Kleve und den Stromkonzernen noch die Möglichkeit zur Stellungnahme geben, dann soll das Verbot ausgesprochen werden. Bis aber alles unter Dach und Fach ist, werden vor den Gerichten noch einige Jahre ins Land gehen. Annette Jensen

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