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Bund spart Milliarden am Abzug der Alliierten

■ 1992 mußte die Bundesregierung noch über eine Milliarde Mark aufbringen

Berlin. Für die Bundesregierung entfallen durch den Abzug der alliierten Schutzmächte aus dem Westteil Berlins Kosten in Milliardenhöhe. Vergangenes Jahr habe Bonn etwa 1,14 Milliarden Mark für den Unterhalt der westlichen Soldaten und ihres zivilen Gefolges aufbringen müssen, sagt Klaus Böttcher vom Berliner Landesamt für Verteidigungslasten. Die Regierungen in Paris, London und Washington bezahlen von der Patrone zum Panzer nur die militärische „Hardware“ und den Sold der Truppen. Seit dem Fall der Mauer und dem Beginn des Truppenabbaus der Westmächte sinken die Kosten für die Präsenz der alliierten Soldaten in Westberlin. 1988 zahlte der Bund dafür noch 1,45 Milliarden Mark. Doch bis zum vorgesehenen Abzug der Schutzmächte Ende 1994 – denn dann sind auch die Russen gegangen – finanziert die Bundesregierung unter anderem Häuser, Schulen, Sporteinrichtungen, lokale Hilfskräfte und Büromöbel für ihre Alliierten.

Aus dem Bestand von ungefähr 5.000 Wohnungen, die der Bund den Soldaten mit ihren Familien zur Verfügung stellte, seien rund 880 Häuser und Apartments schon zurückgegeben worden, weiß Barbara Blass von der Bundesvermögensabteilung der Berliner Oberfinanzdirektion. Die meisten Immobilien gehören Bonn. „Diese Wohnungen werden nicht, wie in den Medien oft berichtet wird, für Beamte aus Bonn freigehalten. Sie werden hergerichtet und dann sofort an Bundesbedienstete in Berlin weitervermietet“, betont Frau Blass. Rund 2.300 Anträge für ehemalige Alliierten-Wohnungen lägen schon vor.

Für Berlin bedeutet der Abzug der Alliierten den direkten Verlust Tausender ziviler Arbeitsplätze. Zusammen betragen die Gehälter der rund 8.500 zivilen Angestellten der drei Westmächte etwa 425 Millionen Mark. „Vor drei Jahren arbeiteten etwa 2.600 Zivilisten für uns, nun sind es um die 1.600“, sagt der Personal- und Verwaltungschef des französischen Militärs, Jean-Marie Lauda. Für die Briten arbeiten rund 2.800 Zivilisten. „Die Kosten unseres nichtmilitärischen Personals werden 1993 etwa 135 Millionen Mark betragen“, sagt Major Mike James. „Insgesamt verdienen unsere 3.700 zivilen Angestellten jährlich knapp 200 Millionen Mark“, erklärt Gabriele Hornewicz für die US- Army. Die rund 8.000 Soldaten und ihre etwa 9.700 Angehörigen sind in Berlin ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Ein Großteil ihrer Gehälter mit einem geschätzten Gesamtwert von 245 Millionen Mark wird an der Spree ausgegeben. In der Nähe der Alliierten- Viertel werden voraussichtlich kleine Geschäfte und Restaurants dichtmachen, wenn die Stammkundschaft ausbleibt. dpa

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