Das Auswärtige Amt setzt sich für Salman Rushdie ein

■ Auch UN-Kommission verurteilt den Iran

Bonn (dpa) – Der iranische Botschafter ist gestern in Bonn in das Auswärtige Amt einbestellt worden, nachdem der höchste religiöse Führer Irans, Sajed Ali Chamenei, am Wochenende den vier Jahre alten Mordaufruf gegen den Schriftsteller Salman Rushdie erneuert hatte. Der Leiter der zuständigen Politischen Abteilung, Reinhard Schlagintweit, werde heute dem iranischen Diplomaten „ganz unmißverständlich deutlich machen“, daß die Bundesregierung nach wie vor auf der Rücknahme des Urteils bestehe. Das kündigte Außenamts-Sprecher Rainer Müller gestern an.

Die Bundesregierung zeigte sich von der Urteils-Erneuerung, die als unabänderlich bezeichnet wurde, „sehr beunruhigt“. Salman Rushdie habe im Herbst 1992 Bonn besucht und unter dem Schutz der Bundesregierung Gespräche im Auswärtigen Amt geführt. Der Schriftsteller, dessen Buch „Die Satanischen Verse“ vom Iran als blasphemisch verurteilt wird, lebt seit vier Jahren im Untergrund. Die Bundesregierung werde bis zur Rücknahme der Fatwa weder das Kulturabkommen unterschreiben noch Veranstaltungen organisieren, erklärte Müller.

Der iranische Botschafter in Bonn hatte kurz vor dieser Erneuerung in der vergangenen Woche vor Journalisten versucht, das Todesurteil herunterzuspielen. Dies sei eine persönliche Meinung des verstorbenen Ajatollah Chomeini gewesen. Allerdings betreffe die Sache alle islamischen Staaten. Im Iran ist ein Kopfgeld von zwei Millionen US-Dollar für die Ermordung Rushdies ausgesetzt worden.

Auch ein Vertreter der UNO äußerte sich gestern zum Fall Rushdie. In Genf kritisierte Angelo Vidal d'Almeido Ribeiro, der Sonderberichterstatter der UNO- Menschenrechtskommission für religiöse Fragen, das Verhalten des Irans als „unannehmbar“.