Geputzte Bilder

■ Das Panorama zeigt Rosenbaums „Lilien in der Bank“

Dieser Film hätte in Wien spielen müssen. Dort gibt es die größten Friedhöfe, die schönsten Krematorien und die dazu passenden Leichenhallen. Doch der Film spielt in München: statt morbidem Charme, geputzte Bilder in Weißbierlaune. Großvater Willerts (Georg Thomalla) Leben nach dem Tod beginnt in einer Leichenhalle, die aussieht wie die Schalterhalle einer Bank. Zum Glück ist er gar nicht tot. Sterben ohne Ambiente – ein echter Horrorfilm.

Zurück ins Leben. „Lilien in der Bank“ zeigt eine Anhäufung von bizarren Figuren: Werner Schneyder spielt den Versicherungsvertreter Gernot Willert, der seinen Kunden die Versicherung ausredet, statt sie ihnen aufzuschwatzen. Sein Sohn hat eine Statistik verinnerlicht, wonach jeder vierte Bundesbürger an Krebs sterben wird. Als er beim Auszählen in der Turnhalle an vierter Stelle steht, fürchteter, daß es um ihn geschehen ist.

Der Tod ist ein Meister der Panikmache. Und Großvater, Vater und Sohn hat es besonders schwer erwischt. Ihre Frauen sind früh gestorben. Jetzt geistern sie durch die Tagträume der Hinterbliebenen und nehmen die Gestalt von Nina Hagen und Katharina Thalbach an. Erscheinungen der ganz blassen Art.

Schmunzelnd beobachtet Marianne Rosenbaum, Regisseurin der Reihe „Neues aus Uhlenbusch“ die drei Männer ohne Ladies auf ihrem Weg zu mehr Selbstbewußtsein. Dabei stolpern sie über Sportlehrer, Robbenbabyschutzvereinsmitglieder, Gurus des positiven Denkens und neue Frauen, die irgendwie den alten ähnlich sehen.

Leider macht eine Ansammlung guter Ideen noch keinen guten Film. Dieser leiden vor allem an der ungenauen Inszenierung. Die Räume sind so verwechselbar, daß es fast so wirkt, als hätte Rosenbaum alles im eigenen Wohnzimmer gedreht. Die Lichtführung, wenn man davon überhaupt sprechen kann, taucht alles in gleißende Helligkeit. Eine „Mis en Scene“ ohne jede Atmosphäre. Die mit Ironie und Leichtigkeit agierenden Schauspieler können die dramaturgischen Schwächen auch nicht mehr ausgleichen.

Noch ein Traum. Was hätte das für ein Film werden können, wenn Rosenbaum den gleichen Mut zum Fabulieren gefunden hätte wie Emir Kusturica. Die Lust daran ist zu spüren, jedoch, es fehlt der Mut. Die Tagträume der Helden sind zu realistisch. „Lilien in der Bank“ bleibt ein Bekenntnis des guten Willens. Das ist ganz unterhaltsam, zwingend wird es jedoch niemals. Christof Boy

Marianne Rosenbaum: „Lilien in der Bank“, Deutschland 1993, mit Katharina Thalbach, Georg Thomalla, Nina Hagen, Werner Schneyder.

International, 18.2., 17 Uhr.