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Kurzschlußlogik-betr.: "Weder Bellizismus noch Fatalismus", (Fücks/Graefe zu Baringdorf), taz vom 9.2.93

Betr.: „Weder Bellizismus noch Fatalismus“, (Fücks/Graefe zu Baringdorf), taz vom 9.2. 93

[...] Ralf Fücks und Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf vermischen in diesem Debattenbeitrag wesentlich zweimal verschiedene politische Inhalte und Positionen, um nachher mit einem vermeintlichen Sachzwang, dem Zwang zum Draufschlagen, auftrumpfen zu können:

–Sicherlich beinhaltet die Forderung nach einem konsequenten Embargo auch den Aufmarsch von Bewaffneten an den Grenzen, um dieses durchzusetzen. Aus der Möglichkeit, daß es dort zu Kämpfen kommen könnte, machen Fücks und zu Baringdorf scheinbar ein Äquivalent zu einem tatsächlichen Interventionsmassaker, wie sie es fordern.

–FriedensforscherInnen dürften nicht umsonst konsequente Embargos fordern, und auch sie denken wohl nicht, diese mit Zahnstochern bewaffnet durchzusetzen. Dennoch sind diese nicht mit einem direkten Angriff gleichzusetzen.

Eine Option zur militärischen Unterbrechung von Handelswegen ist nicht das gleiche, als wenn gleichsam als direktes Mittel militärisch angegriffen wird.

–Wahrscheinlich die wenigsten derer, die sich aufgrund ihres Pazifismus von einer militärischen Interventionsoption für Ex-Jugoslawien distanzieren, haben für „Waffen für El Salvador“ gespendet und die Aufrüstung der Sowjetunion befürwortet. Diese Menschen, die nur dann PazifistInnen waren, wenn es gegen westliche Bewaffnung anzugehen galt, mit jenen gleichzusetzen, die Pazifismus losgelöst von einem politischen Schema sehen, ist bloßer Unfug. [...] Sebastian Lovens, Duisburg

Dieser Beitrag grüner Politiker zur Debatte über eine wohlgemerkt militärische Intervention in Bosnien versucht das Terrain zur Übernahme von „Verantwortung“ vorzubereiten. Die beiden grünen Autoren dieses Beitrags müssen offensichtlich bereit sein, auch die Bundeswehr im Rahmen militärischer Einsätze der UNO aufmarschieren zu lassen, auch wenn sie dies nicht expressis verbis fordern. Sie beschwören die Kameraderie „leibhaftiger Generäle“ mit den „Lords der Friedensbewegung“ (Seite an Seite) und haben offensichtlich nichts anderes im Sinn, als die Menschen, die sich in der zur Gewaltfreiheit bekennenden grünen Partei engagieren, zu diffamieren. Fücks und zu Baringdorf sollten sich doch endlich outen, wie sich auch Daniel Cohn-Bendit in dieser Frage geoutet hat! Wenn sie bereit sind, „ihre Unschuld zu verlieren“ – als ob es überhaupt um diese Frage ginge –, sollten sie dies offensiv im Rahmen der Gestaltung grüner Parteiprogrammatik tun und auch vertreten.

Solange die Bundesrepublik massenhaft Arbeitsplätze durch Rüstungsproduktion und Rüstungsexporte sichert und – auch – UNO-Armeen lediglich dazu beitragen sollen, die Menschenrechte verletzende Wirtschafts- bzw. Rüstungsexportpolitik abzufedern, kann über Schuld oder Unschuld gewaltfreier Pazifisten nicht diskutiert werden. Dieser Beitrag bietet nicht die geringste neue Perspektive für eine Lösung in Bosnien, sondern unterwirft sich im Gegenteil dem herkömmlichen Gewaltkalkül und seinen Gurus. Heinrich Henn,

Villingen-Schwenningen

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