■ Das UNO-Mandat für Kroatien läuft am 21. Februar aus: Das Kalkül der Kriegsherren
Mit seinem jüngsten Bericht an den Sicherheitsrat zur Lage in Kroatien hat der UN-Generalsekretär das künftige Handeln der Vereinten Nationen erneut in fataler Weise vom Verhalten der beiden dortigen Konfliktparteien abhängig gemacht. Ghalis Argumentation, die Verlängerung des Mandats für die 13.000 UNPROFOR-Soldaten sei nur möglich, wenn die Regierung in Zagreb und die kroatischen Serben zuvor zumindest die ihnen in der Sicherheitsratsresolution 802 auferlegten Forderungen erfüllen, verlegt die Entscheidung vollends in die Hände von Präsident Franjo Tudjman und Serbenführer Goran Hadžić. Ohnehin ist die Strategie, die Tudjman mit der Wiederaufnahme des Krieges am 22. Januar gegenüber der UNO verfolgte, bislang weitgehend aufgegangen.
Nach einem Jahr diplomatischen Stillstandes sowie weitgehender Tatenlosigkeit der – mit einem unzureichenden Mandat ausgestatteten – UNPROFOR- Truppe bei der Umsetzung des „Vance-Planes“ werden nun unter dem Druck des Krieges erstmals hochrangige Vertreter der beiden Konfliktparteien in New York zu Direktgesprächen zusammengebracht. Beide Seiten stehen jedoch nicht unter nennenswertem Druck, in New York in absehbarer Zeit ein Ergebnis zu erzielen, mit dem der Krieg beendet, Resolution 802 erfüllt und die Umsetzung des Vance-Planes zumindest begonnen wird. Und die konzeptionellen Vorstellungen der beiden Vermittler über einen „weitgehenden Autonomiestatus für die Serben in der Krajina“ sind noch unkonkret, so daß sich – anders als mit dem Vance/Owen-Plan für Bosnien-Herzegowina – dafür kaum internationale Unterstützung und damit zumindest ein gewisser Druck auf die beiden Kriegsparteien mobilisieren läßt.
Das Szenario der nächsten Wochen, wenn nicht Monate, scheint damit festzustehen: Der Krieg in Kroatien geht weiter, möglicherweise auf einer höheren Eskalationsstufe und mit stärkerer Beteiligung der Belgrader Serben. Die Krajina-Serben werden auf ihrer Forderung nach einem eigenen Staat bestehen – und auf der Verlängerung des UNPROFOR- Mandats in seiner bisherigen Form, denn damit sind sie seit dem Frühjahr 1992 gut gefahren. Tudjman, dessen Regierung einer Verlängerung des Mandats ja zustimmen muß, wird hingegen weiterhin dessen Veränderung zur Bedingung machen – d.h. erweiterte Befugnisse der UNPROFOR-Soldaten bei der Umsetzung des „Vance-Planes“ und der Überwachung seiner Einhaltung. Das ist eine richtige Forderung. Nur wird ihr der Sicherheitsrat – Ghalis Argumentation folgend – nicht nachkommen, solange nicht zumindest ein Waffenstillstand eingetreten ist und beide Kriegsparteien die Resolution 802 erfüllt haben. Wahrscheinlich ist eine etappenweise Verlängerung des alten Mandats – zunächst einmal bis zum 31. März –, während der in New York und demnächst wieder Genf immer weiter verhandelt wird. Andreas Zumach
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