: Sozialistische Partei „nicht mehr zeitgemäß“
■ Rocard für Fusion mit Grünen u.a.
Paris (taz) – Die Sozialistische Partei Frankreichs bereitet sich auf ihren Untergang vor. Einen Monat vor den Parlamentswahlen künden täglich neue Umfragen die katastrophale Niederlage an. Jetzt hat der frühere Premierminister und designierte Präsidentschaftskandidat der Sozialisten, Michel Rocard, zum Harakiri aufgefordert: „Die PS ist nicht mehr zeitgemäß.“ Nach den Wahlen müsse ihr der Gnadenstoß gegeben werden, forderte er am Mittwoch auf einer Wahlkampfveranstaltung.
„Ich strebe einen politischen big bang“ an, sagte er. Unter die „schlimmen Fehler“ der Partei müsse ein Strich gezogen werden, um den Weg frei zu machen zur Gründung einer breiten Bewegung aus Sozialisten, Reformkommunisten, Ökopolitikern, sozial engagierten Zentristen und Verfechtern der Menschenrechte. Unter seiner Führung, so Rocards Idee, soll eine neue Linke entstehen.
Es sei ein Fehler, daß die PS beim Amtsantritt von Präsident Mitterrand 1981 Wunder versprochen und dies nie eingestanden habe. Heute erschöpfe sie sich in Flügelkämpfen. Verbündete akzeptiere sie nur, sofern diese sich unterwerfen. Damit greift Rocard vor allem einen Vorwurf der im Aufwind liegenden Ökoparteien Génération Ecologie (GE) und Les Verts auf. GE-Chef Brice Lalonde forderte Rocard auf, er solle die logische Konsequenz aus seiner Analyse ziehen: die PS verlassen und GE beitreten.
Rocards provokante Rede ist eine Flucht nach vorn: Die PS fürchtet, daß das Bündnis der Ökoparteien sie bei der Abstimmung am 21. März überflügeln und ihr Verschwinden aus der politischen Landschaft einleiten wird. Rocard hofft nun, daß er den Linken eine neue Zukunft gewiesen hat und Wähler in das Lager seiner Partei herüberziehen kann. Zugleich präsentiert er sich als Retter – schließlich will er 1995 Präsident werden. Seine Wette kann er nur gewinnen, wenn er im März seinen eigenen Platz in der Nationalversammlung behauptet; daran könnte ihn jedoch seine Gegenkandidatin Monique Le Saux von GE hindern – eine frühere Mitarbeiterin Rocards. Bettina Kaps
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