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Von überflüssig bis skurril

■ Wo Ronald Reagan dereinst das Dorf Ballyporeen besuchte: Neue Bücher zu Irland für Reisende und Irophile

Schon der Buchumschlag läßt nichts Gutes ahnen: „101 Ideen für Besucher und Reisende in Irland – Der unentbehrliche Reisebegleiter, der Ihnen den Zauber Irlands erschließt“, steht auf dem schmalen, aber durchgängig vierfarbig gedruckten Pappbändchen. Der Dubliner Verlag Gill and Macmillan hat sich auf den Touristenmarkt spezialisiert und bringt seine unglaublich trivialen Bücher („Schönes Irland“) nicht nur in englisch, sondern auch in einer französischen und deutschen Ausgabe heraus. Die „101 Ideen“ von Ian Hill wurden allerdings in England konzipiert, in Dublin übersetzt, in Singapur gedruckt und zielen auf die US-Kundschaft ab. Oder sind etwa deutsche Urlauber mit dem Hinweis gemeint, sich auf die Suche nach ihren Vorfahren zu machen? Ebenso wenig dürfte es die meisten Nicht-Amis interessieren, daß Ronald Reagan dereinst das Dorf Ballyporeen besucht hat. Und auf wen ist wohl der folgende Ratschlag zugeschnitten: „Parken Sie Ihren Wagen bei einem Bach und kurbeln Sie das Fenster herunter. Deswegen sind Sie gekommen.“ Eher kryptisch ist dagegen dieser Tip: „Spielen Sie Bezigue mit Miss Tottenham in Fethard's Loftus Hall Hotel. 1750 saß der Teufel mit ihr am Spieltisch. Ihr Geist spielt heute noch.“ Wer, zum Teufel, ist Miss Tottenham? Bücher, die überhaupt keinen Informationsgehalt haben, sind selten. Dieses ist eins. Der Text ist lediglich Rahmen für die briefmarkengroßen Bilder und noch dazu im Imperativ: „Begegnen Sie Wildvögeln! Besichtigen Sie! Besuchen Sie! Zockeln Sie! Laufen Sie! Pausieren Sie! Stellen Sie sich im Frühjahr auf die Salmon Weir Bridge!“ Lassen Sie die Hände von dem Buch!

Wenn Sie wirklich etwas über Irland erfahren wollen, kaufen Sie besser den deutschsprachigen Kneipenführer „Old Irish Pubs“ von Michael Nagl (Text) und Robert Moosmüller (Fotos). Insgesamt werden 44 Kneipen vorgestellt, wobei auch Nordirland nicht ausgespart wird. Selbst mein Lieblings-Pub, das „Crosskeys Inn“ in Toome, ist enthalten, und auch die beiden Belfaster Hafenspelunken „Pat's Bar“ und „Rotterdam Bar“ fehlen nicht. Darüber hinaus enthält das Buch Kapitel über Whiskey, Guinness, Literatur und Suff, die Abstinenzlerbewegung, die leidige Sperrstunde und vieles mehr. Aber Vorsicht: Beim Lesen kommt der Durst.

Wer sich regelmäßig über die „Grüne Insel“ informieren will, braucht das „Irland Journal“, das bereits im vierten Jahrgang erscheint. Schwerpunkt des neuen Hefts von vergangener Woche sind die irischen Moore. In den hervorragend bebilderten Artikeln steht alles, was es zu diesem Thema zu sagen gibt: von der Geschichte der Moore und ihrer Pflanzenwelt über den industriellen Abbau von Torf bis hin zu einem Torfgedicht von Seamus Heaney und den Überresten eines irischen Elches, der im Moor gefunden wurde. Neben dem Schwerpunkt gibt es Rubriken mit Reiseratschlägen, Buch- und Plattenbesprechungen, Hinweisen auf irophile Veranstaltungen in Deutschland, Skurrilem aus Irland und einer Zusammenfassung der politischen Ereignisse. In einer neuen Serie über die „Kulturgeschichte des irischen Essens“ versucht Jürgen Schneider, mit dem Vorurteil aufzuräumen, daß man in Irland nur Kartoffeln in allen denkbaren Variationen verspeist. IromanInnen kommen an dem „Journal“ jedenfalls nicht vorbei. RaSo

Ian Hill: „101 Ideen für Besucher und Reisende in Irland“. Gill and Macmillan, Dublin 1993. 72 Seiten,

IRP 3,99.

Michael Nagl/Robert Moosmüller: „Old Irish Pubs“. Hädecke Verlag, Weil der Stadt 1992. 112 Seiten, DM 45.

„Irland Journal“, 4. Jahrgang Nr.1/93. Christian Ludwig Verlag, Moers. 84 Seiten, DM 10 (Jahresabo DM 30, vier Ausgaben).

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