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Keßler und Streletz winkt die Freiheit

■ Kammergericht entscheidet über Haftverschonung

Berlin (AFP) – Der ehemalige DDR-Verteidigungsminister Heinz Keßler und sein früherer Stellvertreter Fritz Streletz sollen auf Beschluß des Berliner Landgerichts von der Untersuchungshaft verschont werden. Beide bleiben allerdings bis zu einer Entscheidung des Kammergerichts über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft vorläufig im Gefängnis.

Der Vorsitzende Richter im Prozeß um die Todesschüsse an Mauer und Stacheldraht, Hans Boß, begründete die Haftverschonung mit der Unverhältnismäßigkeit der seit eindreiviertel Jahren andauernden Untersuchungshaft gegenüber dem hohen Alter der 73 und 66 Jahre alten Angeklagten und der zu erwartenden Haftstrafe. Die Staatsanwaltschaft legte umgehend Beschwerde gegen den Beschluß ein.

Nach dem Beschluß des Landgerichts soll die Haftverschonung an eine Reihe von Auflagen geknüpft werden, darunter der Entzug der Reisedokumente und die regelmäßige Meldung bei der Polizei. Die Staatsanwaltschaft begründete ihre Beschwerde mit der auch vom Gericht anerkannten Verdunkelungsgefahr und dem dringenden Tatverdacht. Außerdem sei keineswegs sicher, daß das Strafmaß so niedrig ausfallen werde, wie vom Gericht offenbar vorausgesetzt.

Der dritte verbliebene Angeklagte im ehemaligen Honecker- Prozeß, der 73jährige Hans Albrecht, genießt bereits seit Prozeßbeginn Haftverschonung wegen seines Gesundheitszustands. Sollte das Kammergericht der Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht stattgeben, befände sich von den ursprünglich sechs Angeklagten im Prozeß um die Todesschüsse nur noch der Ex-Stasi- Chef Erich Mielke in Haft, dieser allerdings wegen anderer Strafverfahren. Gegen den früheren DDR- Ministerratsvorsitzenden Stoph ist das Verfahren ebenso eingestellt wie gegen Erich Honecker.

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