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Braunkohle aus der Baugrube

Zwischen Friedrich- und Charlottenstraße klafft Berlins größte Baugrube/ Bis zum Frühjahr 1995 sollen Geschäfte, Restaurants, Cafés, Büros, Galerien, Boutiquen und Wohnungen entstehen  ■ Von Albert Jaritz

Berlin. Das rund 20.000 Quadratmeter große Baustellengeviert zwischen Friedrich- und Charlottenstraße in Mitte ist ein Terrain der Superlative. Dort, wo die neuen Friedrichstadtpassagen entstehen, klafft gegenwärtig die größte Baugrube der Hauptstadt. Eineinhalb Milliarden Mark verschlingt das Nobelprojekt. Diese Summe wurde von Bau- und Bankprominenz aus Deutschland, Frankreich und Amerika flüssig gemacht. Damit avanciert das Vorhaben zur größten Bauinvestition in der Geschichte der Spreemetropole. Doch die früher viel besungene Berliner Luft weht hier kaum noch. An manchen Tagen reizen Staub und Dreck die Schleimhäute, ohrenbetäubender Lärm strapaziert das Trommelfell. Bis zu 13 Stunden täglich rattern Kettenfahrzeuge, Bagger, Schwerlaster; dröhnen tonnenschwere Tiefbaukolosse, wird gehämmert, verladen, geschweißt. Der zwischen 1987 und 1990 zu 60 Prozent fertiggestellte DDR-Kaufhauskomplex in Großplattenbauweise mußte nach der Wende samt Fundament geschleift werden. Die neuen Investoren bestanden darauf. 25 Millionen Mark kostete sie der Spaß.

Das Datum der Neugeburt war der 9. Oktober vergangenen Jahres, als mit Pomp und Prominenz der Grundstein für die neuen Friedrichstadtpassagen gelegt wurde. Schon im Frühjahr soll das neue Fundament fertig sein. Das Ganze ist in drei in sich geschlossene Baukomplexe aufgeteilt, jeweils begrenzt durch die auf diesem Abschnitt innerhalb des Baugeländes gegenwärtig nicht passierbare Jäger- und die Taubenstraße, die später wieder die Friedrichstraße überqueren werden. Für jeden zeichnen verschiedene Investoren und Architekten verantwortlich. Der Block 207 zwischen Französischer und Jägerstraße ist vom Pariser Stararchitekten Jean Nouvel entworfen worden. Die französische Kaufhauskette „Galeries Lafayette“ hat sich in diesem künftigen Glaspalast einen Platz gesichert. Die Entwürfe für den danebenliegenden Block 206 stammen aus dem renommierten New Yorker Architektenbüro Cobb Freed & Partners. Der angesehene Kölner Architekt Oswald Unger hat sich im Block 205 zwischen Tauben- und Mohrenstraße für den traditionellen quadratischen Stil entschieden.

Unübersehbar sind gegenwärtig die meterhohen Zementsilos am Mischbecken im mittleren Baubereich. Riesige computergesteuerte seilgeführte Greifer graben Schächte bis zu der in 50 Meter Tiefe liegenden wasserundurchlässigen Braunkohlenschicht. Sie werden mit einem speziellen Betongemisch aufgefüllt. Die Stuttgarter Baufirma Züblin hat die schwierige Aufgabe der Abdichtung der Baugrube übernommen. Das von ihr entwickelte Schlitzwandverfahren wird in dieser Dimension erstmalig praktiziert. 17.000 Quadratmeter Wandfläche werden die gesamte Baugrube umschließen, um das Nachfließen des Grundwassers mit möglichen negativen ökologischen und bautechnischen Folgen zu verhindern. Den festen Untergrund wird eine eineinhalb Meter starke, an den Schlitzwänden verankerte Betonbodenplatte bilden. Auf diesem ungewöhnlichen Untergrund entstehen nach den Plänen der Projektanten bis zum Frühjahr 1995 Geschäfte, Restaurants, Cafés, Büros, Galerien, Boutiquen und Wohnungen. ADN

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