piwik no script img

Eine anrüchige Geschichte

■ Deosprays und ihre Verpackungen sind umweltfreundlicher geworden / Doch Bakteriengifte und schädliche Aluminiumsalze sind immer noch in vielen Düften

Eine anrüchige Geschichte Deosprays und ihre Verpackungen sind umweltfreundlicher geworden / Doch Bakteriengifte und schädliche Aluminiumsalze sind immer noch in vielen Düften

Der zivilisierte Mensch von heute schwitzt höchstens noch in der Sauna. Ansonsten transpiriert er, und das, so die einschlägige Werbung, doch bitte möglichst geruchlos und unsichtbar. Und wenn sich doch verräterische Schwitzflecken zeigen? Die auch noch riechen? Dann liegt's an bestimmten Hautbakterien, die den der Kühlung dienenden Körperschweiß zersetzen und damit die Duftmarken erzeugen, die etwa eine Umkleidekabine so unverkennbar machen.

Dagegen hat die Kosmetikindustrie das Deodorant erfunden. Das ÖKO-TEST-Magazin hat jetzt 56 verschiedene Düfte getestet: Nur 18 Deozerstäuber konnten mit dem Prädikat „empfehlenswert“ versehen werden.

In elf Produkten führten Aluminiumsalze zur Abwertung. Sie hemmen zwar das Wachstum der Bakterien. Gleichzeitig greifen sie aber Eiweißverbindungen der oberen Hautschicht an. Dadurch wirken sie zusammenziehend und reduzieren die Schweißproduktion. Doch der Schweiß kann nicht abfließen und staut sich in den geschädigten Drüsen. Mögliche Folgen: Hautreizungen und Entzündungen der Drüsenausgänge. Daneben ist auch das Bakteriengift Triclosan problematisch. Es kann die natürliche Hautflora so stark schädigen, daß sich krankmachende Keime ausbreiten. Triclosan kann außerdem durch die Hornschicht der Haut in den Körper eindringen und die Leber schädigen. Erfreulicherweise fand ÖKO- TEST Triclosan, das vor zwei Jahren noch in 30 Deos enthalten war, nur noch in vier Produkten.

Doch es gibt auch einen Trend „zurück zur Natur“ bei den Deo- Inhaltsstoffen. Allerdings handelt

1es sich um einen unnatürlichen, denn es werden naturidentische — also künstlich nachgebaute — Deodorantstoffe eingesetzt. Als Zauberformel gilt Farnesol, das einem Duftstoff aus der Lindenblüte nachempfunden ist. Nur wenige Hersteller setzen ganz auf natürliche Pflanzenwirkstoffe wie Salbeiextrakt oder ätherische Öle. All diese Substanzen behindern das Wachstum der Hautbakterien nur, machen ihnen aber nicht den Garaus.

Während beim ersten Test vor fünf Jahren noch reichlich dioxinhaltige Chemikalien mit FCKW- Treibgasen aus der Aluminiumdose versprayt wurden, hat sich der Markt heute dem wachsenden Umweltbewußtsein angepaßt. Inzwischen gibt es fast alle Marken ohne

1Treibgas in umweltfreundlichen Zerstäubern. Flaschen, Pumpen und Verschlüsse bestehen meist aus umweltverträglichen Kunststoffen oder aus Glas. Auf der Suche nach PVC und anderen Chlorkunststoffen wurden die ÖKO-TESTer dennoch 26mal fündig: in Etiketten, Lacken, Farb- und Klebstoffen sowie Metallic-Schriftzügen. Es sind zwar nur kleine Mengen. Doch das in Metallic-Prägungen fein verteilte Aluminiumpulver — es klebt direkt auf den Chlorkunststoffen — wirkt als Katalysator und vervielfacht bei der Müllverbrennung die „Dioxin- Ausbeute“.

Wer es ganz ohne Chemie versuchen und auch die Verpackung sparen will, kann auf Salbei-Tee zurückgreifen. Dieses natürliche Mit-

1tel hilft gegen übermäßiges Schwitzen. Man kann sich damit waschen, das hält die geruchsproduzierenden Hautbakterien in Schach. Getrunken reguliert es die Schweißproduktion von innen.

Wenn dies nichts hilft, nehmen Sie ein Deo ohne Triclosan oder Aluminiumsalze. Letztere tragen teilweise die Aufschrift „Anti-Transpirant“, häufig fehlt diese Angabe aber. Die beste Vorbeugung gegen Körpergeruch ist Kleidung aus Naturstoffen und Körperpflege. Unter Kunstfasern kann der Schweiß nicht verdunsten. Dieses Kleinklima lieben die anrüchigen Mikroorganismen, hier können sie sich prima vermehren. Und dann stinkt es zum Himmel — trotz Deo. Peter Hermes

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen