piwik no script img

Ein Zwilling ohne Zukunft?

■ Vorprogrammierter Flop? Der bevorstehenden Verlagsmesse Buch Hamburg mangelt es an Öffentlichkeit

mangelt es an Öffentlichkeit

„Wie? – Buchmesse?“, würde der Rheinländer (die Rheinländerin) fragen. Denn daß es in Hamburg in acht Wochen eine Buchmesse geben soll, das hat außer den Ausstellern bisher kaum jemand mitgekriegt. Dabei ist die Beteiligung an der regionalen Verlagsschau und Verkaufsmesse namens Buch Hamburg sensationell. 47 Belletristik- und Fachbuch-Verlage aus Hamburg und weitere 20 aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern werden vom 23. bis 25. April ihre Bücherstände in der Halle elf der Hamburg-Messe aufbauen.

So etwas hat es hier zuletzt 1970 gegeben. Der Buchmarkt Hamburg in den alten Messehallen war allerdings ein Flop und deshalb einmalig. Nach allerlei „Literatrubel“ (so der Name des Folge-Festivals) besann man sich in den letzten Jahren dann auch in Hamburg ersatzweise auf sogenannte „Leseförderung“. Kein Wunder also, daß die Initiative für die neu annoncierte Buch Hamburg nicht von Verlagen, Literaturverbänden oder -konzernen ausging, sondern vom Amt für Berufs- und Weiterbildung.

Dort nämlich entstand die Idee, die diesjährige „Weiterbildungsmesse“, die zum dritten Mal in den Messehallen stattfindet, mit einer regionalen Buchmesse gewissermaßen kulturell aufzuwerten. Für die Organisation wurde der Norddeutsche Buchhändler- und Verlegerverband mit Sitz im Literaturhaus gewonnen. Es galt, der „Zwillingsmesse“, wie Verbands-Geschäftsführer Horst Quax diese nennt, einen gemeinsamen Nenner zu verpassen. „Wer sich weiterbildet, kann auch lesen und umgekehrt“, so die Not- Losung am Schwanenwik.

Doch so sehr man dort das Zustandekommen der Buch Hamburg begrüßt und sich der großen Resonanz seitens der Verlage freut, so schwer tut man sich damit, der Messe ein Profil zu geben, ohne allzu unverfroren aus dem Schatten von „Lesen-ist-Weiterbildung-ist Lesen“ zu treten. Denn schließlich ist es die Hamburger Schulbehörde, die die Mietkosten für die Halle übernimmt und damit mehr als die Häfte der rund 90000 Mark Gesamtkosten der Buchmesse zahlt.

Solcherlei Schuldigkeit sorgt in Hamburg ja immer gleich für peinliches Herumlavieren. So muß Horst Quax das Werbeplakat wohl hinnehmen, wie es ist. Unter Logo und Kalender der Weiterbildungsmesse prangt ein Aufkleber „Mit Buch Hamburg.“ Von wegen „Zwillingsmesse“. Dank tatkräftiger Unterstützung durch die Wirtschaftsbehörde und den Buchhändler- und Verlegerverband selbst sind die Preise für die Standmieten realtiv niedrig. Zwischen 400 und 700 Mark zahlen die Aussteller pro „Messe-Einheit“. Dabei sind fast alle Hamburger Buchverlage, Hoffmann und Campe ebenso wie Männerschwarm, Carlsen und Kellner.

Und während Robert Galitz vom Dölling & Galitz Verlag unumwunden zugibt, daß er die Anbindung der Buch Hamburg an die Bildungsmesse „peinlich“ finde, und seine Erwartungen als Verleger entsprechend gering seien, ist im Luchterhand Verlag der „Mediale“-Effekt eingetreten. „Da alle mitmachen, machen wir auch mit“, erklärt Luchterhand-Pressesprecher Wolf Brümmel. Man sei aber auch durchaus „neugierig, wie die Messe eigentlich das Publikum heranholen“ wolle. Um einen Peter Härtling „einzufliegen“ sei das Risiko zu groß, bisher habe man nur Autoren „aus Hamburg und Umgebung“ um einen Messebesuch ersucht. Die

1Vorsicht ist berechtigt: Die erste Pressekonferenz ist für Ende März anberaumt. Professionelle Promotion für ein neues Projekt?

Hamburgs Kulturbehörde unterstützt nicht nur das Rahmenprogramm der Buch Hamburg, sondern hat auch einen neuen Preis ausgelobt. Im Rahmen der Messe werden erstmals zwei mit jeweils 10000 Mark dotierte Auszeichnungen an zwei Hamburger Kleinverlage für ihr Programm verliehen. Auch hofft

1man, so Behörden-Sprecher Hinrich Schmidt-Henkel, durch die Buch Hamburg, die alle zwei Jahre stattfinden soll, „die Arbeit der Hamburger Verlage stärker in die öffentliche Wahrnehmung“ zu manövrieren. In der Kulturbehörde hatte es sich vor gut einer Woche indes noch nicht überall herumgesprochen, daß die Buch Hamburg im Rahmen der Weiterbildungsmesse stattfinden wird. Wie?? – Weiterbildungsmesse??? Mechthild Bausch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen