: Den Stadtpark nicht der Logistik opfern
■ Kreuzbergs Bürgermeister Strieder will verbindliche Zusagen des Senats zur Nutzung des Gleisdreiecks / Das riesige Versorgungszentrum für die Baustellen soll keine Dauereinrichtung werden
Berlin. Am Wochenende wurde mit der Gründung einer Logistik- Gesellschaft die erste Etappe der Bebauung des zentralen Bereichs eingeleitet. Vom Gleisdreieck aus werden alle Bauvorhaben zwischen Landwehrkanal und Straße des 17. Juni mit Material versorgt. Während Bausenator Wolfgang Nagel von der „intelligenten Logistik“ begeistert ist, äußern sich die betroffenen Bezirke skeptisch. Die taz sprach mit dem Kreuzberger Bürgermeister Peter Strieder (SPD) über seine Vorbehalte.
taz: Herr Strieder, freuen Sie sich, in Kreuzberg bald den größten Bauhof der Welt zu haben?
Strieder: Mit solchen Superlativen wollen wir nicht protzen. Wir müssen darauf drängen, daß die Auswirkungen für die Anwohner möglichst gering gehalten werden. Wir werden mit dem Senat über eine Minimierung des Flächenverbrauchs diskutieren, werden von den Betreibern verlangen, daß alle denkbaren Schutzmaßnahmen für die Anwohner ergriffen werden. Drittens wollen wir bei der späteren Nutzung des Geländes vom Senat jetzt schon Taten sehen, das heißt wir wollen jetzt mit dem Senat über die Anlage von Sportplätzen, Kindertagesstätten oder Schulen reden. Schon jetzt soll damit klar werden, daß dieses Gelände nicht nach zehnjähriger industrieller Nutzung ein Gewerbegebiet bleibt.
Welche Auswirkungen des Logistikzentrums auf die Anwohner befürchten Sie denn?
Die Dimensionen der Baumassen sind riesig. Da wird es natürlich Lärm und Staub geben. Das wird ein riesiges Areal mit vierundzwanzigstündigem Betrieb sein.
Und wie sollen die Anwohner geschützt werden?
Beispielsweise dadurch, daß das Betonwerk entsprechend ummantelt wird, daß die Verladung in die Eisenbahn in geschlossenen Behältern geschieht, daß zusätzliche Bäume als Staubfilter gepflanzt werden. Das werden wir alles im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung mit dem Senat und den Betreibern erörtern.
Eigentlich wollten die Bezirke auf dem Gelände einen Stadtpark anlegen. Wie es aussieht, wird das Biotop Gleisdreieck nun unter dem Logistikzentrum begraben.
Das stimmt nicht. Der Bereich, der als schützenswerter Grünbereich ausgewiesen ist, ist von der Bebauung ausgenommen, die Ladestraßen führen außen rum...
...dieses kleine Eckchen, das da übrig bleibt, wird doch durch Staub und Dreck völlig eingedeckt werden.
Das Areal entspricht dem, was der Bezirk Kreuzberg schon jetzt als schützenswertes Gebiet eingezäunt hat.
Der Senat hat Daimler Benz bereits 1.500 Parkplätze zugesichert, damit scheint für einen Teil des Geländes die Nachnutzung bereits festzustehen.
Die Bezirksbürgermeister von Kreuzberg, Tiergarten und Schöneberg sind der Auffassung, daß die Anlegung der Parkplätze dort unsinnig ist. Wenn schon Parkplätze im Innenstadtbereich, dann soll Daimler Benz sie auf dem eigenen Gelände unterbringen. Viel besser wäre es natürlich, sie würden außerhalb der Innenstadt angelegt, beispielsweise im Bereich des S-Bahnhofs Papestraße.
Wie wollen sie der Gefahr einer dauerhaften Umwandlung des Geländes entgegentreten?
Wir wollen vom Senat die Zusage, daß im Jahr 2002 mit dem Logistikzentrum endgültig Schluß ist und daß es eine Verlängerungsmöglichkeit nicht gibt...
...auch wenn noch weiter gebaut wird?
Auch dann. Zudem wollen wir die zukünftige Nutzung des Geländes gesichert wissen.
Wie wollen Sie denn bereits jetzt die Planung des Jahres 2002 sicherstellen?
Das könnte man dadurch erreichen, daß man die entsprechenden Nutzungen in Flächennutzungsplänen und Bebauungsplänen ausweist. Zudem muß ein Zeichen gesetzt werden, daß diese Zusagen ernst gemeint sind. Wir sollten jetzt die geplanten Infrastruktureinrichtungen in Angriff nehmen, so daß klar ist, daß nicht nur leere Worte gegeben werden, sondern daß mit der Umsetzung des Parkkonzeptes für das Jahr 2002 begonnen wird.
Interview: Dieter Rulff
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