piwik no script img

„Mehr verurteilen, weniger verstehen“

■ Wie Englands Politiker auf den Liverpooler Mord reagieren

Berlin (taz) – Die Liverpooler sind voller Zorn und Trauer über den grausamen Mord an dem zweijährigen James, den zwei Zehnjährige verübt haben sollen. Die Politiker reagieren, ehe sich dieser Zorn gegen sie selbst richtet. Solche „wirklich hartnäckigen, scheußlichen kleinen jugendlichen Täter“ sollten eingeschlossen werden, sagt Innenminister Kenneth Clarke, „irgendwo, wo sie erzogen werden.“ Die Zunahme von Verbrechen drohe „die Gesellschaft zu verschlingen“, mahnt Premier John Major. „Ich bin davon überzeugt, daß die Gesellschaft etwas mehr verurteilen und etwas weniger verstehen muß.“

Beruhigend schnell konnten den Menschen Schuldige präsentiert werden. Clarke fordert die Sozialarbeiter auf zu akzeptieren, daß sie zur Zeit keinen Erfolg bei den von ihnen betreuten Kindern hätten; Reden über politische Ursachen der Kriminalität seien nicht angebracht. Es bleibt nicht bei Worten: Konservative Abgeordnete fordern die Wiedereinführung der Prügelstrafe, Clarke treibt seine Pläne für neue Erziehungsheime in Rekordzeit voran, und die Labour Party verlangt höhere Strafen gegen Wiederholungstäter. Ein Aktionismus mit alten Konzepten. Für neue Ideen ist im fassungslosen Britannien derzeit kein Raum. nig

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen