: Kritiker des Flugverkehrs warnen auf der ITB vor ökologischer Bedrohung
■ Fraunhoferinstitut warnt vor Zerstörung der Atmosphäre/ Der Bundesregierung fehlen zum Handeln aber die „Fakten“
Berlin. Die ökologische Bedrohung durch den Luftverkehr werde verkannt. Wer nur berücksichtige, daß Triebwerke immer sparsamer werden, „unterschätzt die Gefahr völlig“, warnte Wolfgang Seiler, Professor am Fraunhoferinstitut, gestern auf der Internationalen Tourismus-Börse. Schließlich gehe die Fachwelt von einer Verdoppelung bis Verdreifachung des Flugverkehrs in den kommenden 10 bis 15 Jahren aus. „Wir sollten mit dem Handeln nicht warten“, riet Seiler auf der Diskussionsrunde „Ökologie am Himmel“, die die Die Zeit und der Hessische Rundfunk veranstalteten.
Entgegen der Behauptung von Liniengesellschaften und Flugzeugindustrie trägt das Fliegen offenbar doch nicht zum Schutz der Ozonschicht bei. Denn in den Luftschichten, in denen durch das Verbrennen von Kerosin Ozon entstehe, trage das dreiatomige Sauerstoffmolekül zu einer Erwärmung der Erdatmosphäre bei, weil es unterhalb von etwa 10 Kilometern Höhe ähnlich wie das Glasdach eines Treibhauses funktioniere, fand die Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR) heraus. Über etwa 10 Kilometer Höhe aber, wo die Ozonhülle für einen Schutz des Lebens auf der Erde vor harten UV-Strahlen sorgt, zerstörten Düsenflugzeuge das Gas. Bei der Verbrennung von Kerosin entsteht neben Schadstoffen auch gefährlicher Wasserdampf. Denn der gefriert in den minus 50 bis 70 Grad kalten Luftschichten und wirke ebenfalls wie das Glasdach eines Treibhauses.
Die Podiumsgäste – darunter auch Vertreter der Luftfahrtindustrie und des Bundesverkehrsministeriums – waren sich in einem dann auch einig. „Jeder Flug belastet die Umwelt“, faßte Franzjosef Darius, Umweltsprecher der Lufthansa, die Meinungen zusammen. Strittig sei nur, wie stark Atmosphäre und Klima belastet werden – denn bewiesen sei nichts.
Christian Magerl, bekannt durch seine Aktivitäten als Grünen-Landtagsmitglied gegen den bayerischen Flughafen München II, warf den Flugzeug-Lobbyisten vor, trotz der ernstzunehmenden Hinweise nicht handeln zu wollen. Magerl erinnerte an die Diskussion zum Thema Waldsterben. Damals habe die Autoindustrie ebenfalls behauptet, daß ein Zusammenhang zwischen Waldsterben und Autoabgasen nicht bewiesen sei. Der bayerische Abgeordnete forderte, die Mineralölsteuer auch bei Kerosin zu erheben und Flüge unter 600 Kilometern Entfernung zu verbieten.
Doch der Vertreter des Bundesverkehrsministeriums, Horst Busacker, machte wenig Hoffnung, daß die Bundesregierung tätig wird. Denn „auf sehr viele Antworten der Wissenschaft“ müsse noch gewartet werden.
Bürgerbegehren gegen Flughafen Tempelhof
Hermann Borghorst, Neuköllner SPD-Vertreter im Berliner Abgeordnetenhaus, will gegen den Betrieb des Flughafens Tempelhof ein Bürgerbehren initiieren. Auf dem Flughafen haben sich die Passagierzahlen von 1991 zu 1992 verdoppelt – inzwischen starteten 130 Maschinen täglich. Auf einer Veranstaltung der Jungsozialisten hatte der Betreiber, die Berliner Flughafen GmbH, angekündigt, den Airport bis ins Jahr 2004 betreiben zu wollen. SPD-Landesvorsitzender Ditmar Staffelt drängt auf eine Schließung bis 1995. Dirk Wildt
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