: Öfter sterben mit Mozart
■ Eine Musiktheatercollage des Jungen Forums über Visionen des sterbenden Mozart in der Fachhochschule Armgardtstraße
in der Fachhochschule Armgardtstraße
Aus Opernszenen und Briefen schuf Anja-Rosa Thöming für ihre Diplominszenierung des Studiengangs Musiktheater-Regie eine eigentümliche Verflechtung von Biographie und Werk Wolfgang Amadeus Mozarts. Die Collage „... zuletzt befreit mich doch der Tod“ zeigt ein diffus-melancholisches Bild des früh verstorbenen Komponisten. Sterbeszenen, der Verlust von Vater und Mutter, sowie der eigene Tod in Wien samt vorangehender Todessehnsucht stehen konzeptionell im Vordergrund, betonen die Seelennöte des sensibel und selbstverliebt dargestellten Künstlers.
In die karge Bühne von Bettina Kaiser, die von halbtransparenten, dunkelumrahmten Leinwänden dominiert wird, werden die weiteren Requisiten für die jeweiligen Szenen hereingebracht. Kronleuchter, Vogelkäfig und Trompete schweben als schwarz-weiße Insignien an Fäden herab. Eine Leere, die von der Musik, nicht immer vom Spiel gefüllt wird.
Gleich zu Beginn verkündet Rudolf Paschen als Sprecher den Tod Mozarts in Wien. Die Sänger und Spieler treten auf, versammeln sich zu einem statischen Bild, in dem sich nur ein Kind bewegt, das neu beginnendes Leben anzeigt. Die nun vorgeführten Stationen stehen also von Anbeginn spürbar unter der Prämisse des frühen Todes, getrennt werden sie von den ausgewählten Arien. Doch meist italienisch gesungen und bewegungsarm vorgetragen, bieten sie nur dem absoluten Mozart- oder Italienischkenner eine wirkliche Bereicherung der Inhaltsebene.
Mozart selbst lebt auf in Briefen und Selbstgesprächen - Stephan von Marso, im wallend-weißen Hemd, illustriert mit leichtem Hang zur Pathetik das sehnende Begehren, die Melancholie, wie auch den reimenden Charmeur. Ein Verwandter von Büchners Leonce, der aber am Ende mit ausgestreckten Armen dem Tod entgegengreift. Wirklich viel erfahren wir nicht von ihm. Da sind irgendwo die Eltern, fast freudianische Motive („Der Papst kommt gleich nach Gott!“), einige Frauen als Stoffpuppen, sowie eine Apfelsine als Lebensfrucht: Das Kind rollt sie anfangs über die Bühne, am Ende öffnet Mozart begierig die Schale und schlürft den (Lebens-)Saft. Zum Abschluß gibts noch einen letzten Todesgesang, Musik ist doch das Schönste am Leben.
Und die gerät unter der Leitung von Frank Hube auch meistens zum Genuß, zu einer zusätzlichen atmospährischen Dimension. In den Sequenzen aus Figaro, Idomeneo, Don Giovanni und weiteren Opern überzeugt neben Dantes Diwiak und Marcus Theil vor allem Ulrike Bartsch, die kurzfristig als Krankheitsvertretung eingesprungen war. Niels Grevsen
Bis 11.3., jeweils 20.30
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