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Mordanklage wegen Möllner Anschlag

■ Bundesanwaltschaft hat Anklageschrift fertiggestellt / Drei Menschen starben beim Brandanschlag in der Nacht zum 23. November / Einem Angeklagten werden zwei weitere Anschläge vorgeworfen

Berlin (taz) – Dreieinhalb Monate nach den tödlichen Brandanschlägen in Mölln hat die Karlsruher Bundesanwaltschaft nun Anklage gegen den 25jährigen Hilfsarbeiter Michael Peters und den 19jährigen Auszubildenden Lars Christiansen erhoben. Beide müssen sich wegen des „gemeinschaftlichen vollendeten Mordes in drei Fällen“ und der „besonders schweren Brandstiftung“ verantworten. Wie die Bundesanwaltschaft gestern mitteilte, hat sie mit Anklageschrift vom 25. Februar vor dem 2. Strafsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes Anklage erhoben. Peters werden darüber hinaus zwei weitere Brandanschläge gegen Flüchtlingsheime im September 1992 vorgeworfen.

Unter dem Eindruck der ausländerfeindlichen Ausschreitungen in Rostock im vergangenen Ausgust verständigten sich Peters und Christiansen nach Auffassung der Ankläger telefonisch am 22. November darauf, ein Asylbewerberheim in Mölln in Brand zu stecken. Wie vereinbart hätten sie sich kurz vor Mitternacht vor einer Diskothek getroffen. Von dort aus seien sie zur Ratzeburger Straße 13, einem von 32 türkischen Staatsbürgern bewohnten Haus, gefahren. Nachdem sie Sturmhauben übergezogen hätten, sollen beide je zwei vorbereitete Molotowcocktails gegen ein Fenster im Obergeschoß des Hauses geworfen haben. Neun der Bewohner wurden bei dem Anschlag verletzt.

Nach dem Anschlag sollen sich beide von einer Telefonzelle aus bei der örtlichen Polizei mit den Worten „In der Ratzeburger Straße brennt ein Haus! Heil Hitler!“ bekannt haben.

Unmittelbar nach der Tat sollen Peters und Christiansen in die Möllner Mühlenstraße gefahren sein. Der vermummte Christiansen öffnete nach Angaben der Bundesanwaltschaft die unverschlossene Türe des Hauses Nummer 9. Er goß den Inhalt eines Molotowcocktails auf die Fußmatte und entzündete ihn.

Zeitgleich soll der ebenfalls vermummte Peters einen Brandsatz gegen das Gebäude geworfen haben. Anschließend seien beide noch einmal zu einer Telefonzelle in die Innenstadt gefahren. Von dort verständigten sie die Freiwillige Feuerwehr – wiederum mit den Sätzen „In der Mühlenstraße brennt es! Heil Hitler!“

Bei dem Anschlag kamen die 51jährige Bahide Arslan, die 14jährige Ayse Yilmaz und die 10jährige Yeliz Arslan ums Leben. Fünf weitere Bewohner des Hauses wurden zum Teil schwer verletzt.

Sechs Wochen zuvor soll Peters bei zwei weiteren versuchten Brandanschlägen am 6. September in Godow und am 12. September in Kollow den Mittätern Anweisungen gegeben haben. Peters befindet sich seit dem 25. November, Christiansen seit dem 28.11. in Untersuchungshaft. Wolfgang Gast

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