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Die schöne Fata Morgana einer Branche

■ Internationale Tourismusbörse: Umweltschutz ist im Urlaub oft eine Farce/ Manche Reisende betrachten umgehemmte Naturzerstörung als Urlaubsbonbon

Berlin. Die Branche ist aufgewacht. Ging es noch vor wenigen Jahren um Wachstum und Umsatz, so beherrscht Deutschlands Tourismusindustrie zunehmend auch das Thema Umweltschutz. Reiseveranstalter demonstrieren mit Umweltbeauftragten ihre neue Sensibilität, Kataloge enthalten sanfte Hinweise auf umweltgerechtes Verhalten, Hotels starten Aktionen zur Müllvermeidung.

Doch die Wirklichkeit in den Urlaubsgebieten ist oft ernüchternd: Umweltschutz ist häufig nur eine Farce, eine „schöne Fata Morgana der Branche“, wie es ein Kritiker auf der bis Donnerstag dauernden Internationalen Tourismusbörse (ITB) formuliert.

Trotz vieler Konzepte und guter Ideen, die bei Expertenkolloquien gehandelt werden, scheitert Umweltschutz im Tourismus derzeit vor allem an einem: dem Touristen. Zwar verlangt der alltagsgestreßte Urlauber nach Erfahrungen von Tourismusexperten am Urlaubsort eine piekfeine Umwelt. Doch die Bereitschaft, auch zu ihrer Erhaltung beizutragen, ist ziemlich gering.

Im Gegenteil: Viele Urlauber genießen es, endlich die zu Hause als Einengung empfundenen Umweltschutzbeschränkungen abschütteln zu können, berichtet Tourismuskritiker Professor Helmut Scharpf von der TU Berlin.

Bestätigt sieht dies der Hochschullehrer und Tourismussprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) beispielsweise auf der spanischen Ferieninsel Mallorca, wo der Verleih von Geländewagen geradezu einen Boom erlebten.

Hier, so meinten offenbar viele Autofahrer, können sie sich „endlich mal auf vier Rädern austoben“, gleichgültig, ob sie dabei in unberührte Naturräume vordringen und sie kaputtmachen. Der Veranstalter TUI, der neben anderen Unternehmen über ein Tochterunternehmen Jeeps verleiht, meint dazu, man könne sich eben der Nachfrage nicht verschließen.

So bekommen denn auch nach einer Untersuchung der Universität Lüneburg die Veranstalter, Fremdenverkehrsorte und -regionen ihre Anstöße zu mehr Umweltschutz im Urlaub kaum von der Kundschaft, sondern fast ausschließlich von Medien.

Ihre kritische Berichterstattung vor allem habe die Großveranstalter auf einen Umweltkurs einlenken lassen. Doch selbst die „Innovativen“, wie sie Professor Karl- Heinz Wöhler nennt, tun sich bei der Umsetzung von teuren Umweltschutzinvestitionen in Hotelanlagen schwer.

Mehr Geld für Umweltschutz will keiner zahlen

Nach Einschätzung der meisten der befragten 25 Veranstalter und 21 Reisebüros sowie einiger Kurdirektoren sind die Urlauber und Kurgäste nicht bereit, für mehr Umweltschutz mehr Geld zu bezahlen. Dieses Dilemma räumt auch der Umweltbeauftragte von TUI, Peter Iwand, ein. Konsequenter Umweltschutz sei eben eine Kostenfrage. „Da geht es nicht um fünf Mark, sondern um Beträge von 100 bis 200 Mark pro Reise“, betonte er auf einem Expertenforum während der ITB.

Doch solche Preisaufschläge seien derzeit auf dem hartumkämpften Markt, bei dem Preisunterschiede von zehn DM beim Kunden oft den Ausschlag gäben, kaum drin.

Dennoch weist TUI derzeit der ganze Branche den Weg, wie man mit begrenzten Umweltinvestitionen auch im Urlaub „etwas für die Umwelt tun kann“. Dies geschieht derzeit über die TUI-eigenen Hotelketten, Greco-Hotel, Iberohotel, die Kärntner Bauerndörfer und den Robinson Club. Ihre Chefs und Mitarbeiter wurden in den vergangenen zwei bis drei Jahren auf umweltgerechtes Hotelmanagement eingeschworen. Ein ganzes Maßnahmenbündel – von der hoteleigenen biologischen Kläranlage, den Ankauf von Nahrungsmitteln bei der regionalen Landwirtschaft bis zur Vergärung von Restwein zu Putzessig und Umweltcamps für Kinder – soll vor allem bei den Gästen die Umweltsensibilität steigern.

Doch auch das touristische Vorbild in Sachen Umweltschutz findet bei weitem nicht bei allen Gästen das erhoffte Verständnis, räumt der Leiter der Robinson Clubs Baobab in Kenia, Peter Schönenberger, ein. „Die Leute kommen mit einem Anspruchsdenken her, ohne Hinweise und Belehrungen in Sachen Umweltschutz zu akzeptieren.“ Konfliktpunkt sei dabei häufig der Betrieb des Energiefressers Klimaanlage. „Da gibt es Leute, die meinen, die Klimaanlage muß rund um die Uhr laufen. Hinweise, daß an kühleren Tagen die Anlage auch ruhig mal ausgestellt werden kann, um Strom zu sparen – das geht bei manchen Leuten einfach nicht rein und führt zu heftigen Beschwerden.“ Klaus Tscharnke/dpa

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