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■ betr.: "Balkankrieg im WDR", taz vom 16.2.93
betr.: „Balkankrieg im WDR“, taz vom 16.2.93
Es ist guter journalistischer Brauch, bei der Berichterstattung über Kontroversen nicht nur eine beteiligte Partei zu hören. taz-Autor K.W. hat das offenbar vergessen, als er seinen Artikel „Balkanbrand“ schrieb. Er hat jedenfalls weder mich als Autor noch den verantwortlichen Redakteur der Sendung „Konfliktherd südlicher Balkan“ gehört. Er hätte sonst den taz-Lesern einige Falschinformationen ersparen können.
1.Der Film wurde nicht „in der Alleinverantwortung von Eberhard Rondholz gesendet“ – der ist Autor des Films; verantwortlich ist, wie auf dem Abspann (auch für K.W. deutlich sichtbar) ausgewiesen, WDR-Redakteur Dr.Erhard Kloess.
2.Der Aufforderung des Redakteurs, den Film mit dem Autor gemeinsam zu texten, ist Hannes Heer nicht nachgekommen. Er hat dann allein einen Textentwurf vorgelegt, der in der vorliegenden Form völlig unsendbar war.
3.Die von K.W. behaupteten „zahlreichen subtilen Änderungen“ waren so subtil nicht – sie betrafen, von Stilblüten abgesehen, falsche Daten, Fakten, Ortsnamen, Jahreszahlen, geographische und kunsthistorische Begriffe sowie unbewiesene Tatsachenbehauptungen in dem von Heer vorgelegten Textentwurf.
–Da fließt die Morava durch Mazedonien, da heißt die Hauptstadt des Osmanischen Reiches Konstantinopel, da liegt Albanien im Osten von Mazedonien;
–da durften, bei Heer, die byzantinischen Wandgemälde der „zur Moschee umfunktionierten“ Bischofskirche von Ochrid mit der islamischen Kanzel, dem Minbar, „koexistieren“. Das durften sie, allerdings unter Putz – so weit ging die Toleranz der Osmanen nun auch wieder nicht, daß sie ihr Gebet unter den strengen Blicken der ostkirchlichen Heiligen verrichtet hätten. Die Fresken wurden erst vor kurzem wieder freigelegt, die Spuren des Restaurators hätte Heer bei den Dreharbeiten sehen können, hat er nur leider nicht;
–da schrumpft die Gesamtzahl der in den zwanziger Jahren aus Kleinasien umgesiedelten 1,2 Millionen Griechen bei Heer um rund die Hälfte (auf 650.000), und da werden diese dann „in Thrakien angesiedelt“. Er meinte aber wohl Mazedonien – dort, und nicht in Thrakien, wurden 650.000 der Kleinasien-Flüchtlinge mit Hilfe des Völkerbundes angesiedelt, aber wer kann diese Balkanprovinzen schon so genau auseinanderhalten, die Geographie der Region ist, zugegeben, kompliziert, für einen Neuling allemal;
–da werden in Köln am Tisch als inserts abgelichtete Propaganda- Landkarten von Großmazedonien durch den Text in die Büros der Rechts-Partei IMRO manipuliert, und das geht nun wirklich etwas zu weit;
–da benutzt, last but not least, bei Heer Griechenland „das Embargo gegen Restjugoslawien, um den ungeliebten Nachbarn ökonomisch zu strangulieren“ – eine Tatsachenbehauptung, die auch durch häufige Wiederholung in einigen Zeitungen nicht richtiger wird: Der Güterumschlag der Republik Makedonija im Hafen von Saloniki hat in den letzten drei Jahren ständig zugenommen, Tendenz: weiter steigend – das betrifft auch die Erdölimporte für die Raffinerie MAKPETROL über den Hafen Saloniki: Die waren im letzten Sommer bekanntlich auf Druck der EG vorübergehend gestoppt worden, weil MAKPETROL bis zu 4.000 Tonnen Sprit täglich an die serbische YUGOPETROL weitergegeben hatte.
Inzwischen wird die MAKPETROL-Raffinerie bei Skopje wieder voll beliefert (in den letzten Monaten täglich 8.000 Tonnen).
4.Zwei Tage vor der Sendung hat ein über allerlei WDR-Interna bestens informiertes Informationsministerium in Skopje per Fax den Intendanten des WDR zu bewegen versucht, den Film aus dem Programm zu nehmen. Ohne Erfolg. Dreimal darf geraten werden, wer da mit der mazedonischen Alt- Nomenklatura on line ist.
5.Ein weiteres Detail noch, das Hannes Heer dem taz-Mitarbeiter K.W. offenbar vorenthalten hat: Er hat aus einem gemeinsam gemachten Interview mit Mikis Theodorakis, ohne Absprache mit dem Autor, genau die wichtigste Passage unterschlagen, in der der ehemalige kommunistische Partisan über die Absichten Titos informierte, die griechischen Kommunisten während des Bürgerkriegs zwischen Linken und Monarchisten in den vierziger Jahren für eine Annexion Nordgriechenlands durch Jugoslawien zu instrumentalisieren (ein Trauma, daß die Griechen noch heute verfolgt und nationalistischen Demagogen aller Couleur die Arbeit erleichtert).
Daß dem Alt-68er Heer die Aussage des Renegaten Theodorakis nicht gefiel und er sich eher mit den in der Republik Makedonija noch regierenden Altgenossen identifiziert, kann man ja verstehen. Aber irgendwann sollten sich auch die 68er von der Vorstellung trennen, daß das Prinzip Parteilichkeit höher rangiere als die historischen Fakten. Eberhard Rondholz, WDR,
Köln
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