: Sachsens Braunkohlezukunft sicher
■ Aber noch viel Kleingedrucktes/ Bayernwerk verbessert seine Ausgangsposition beim Bieten um die Mibrag
Berlin (taz/AP/dpa) – Die westdeutschen Stromkonzerne Bayernwerk, Badenwerk und Energie- Versorgung Schwaben sowie die ostdeutsche Veag haben die Mitteldeutsche Braunkohle AG (Mibrag) mit einem milliardenschweren Auftrag zur Braunkohlelieferung bedacht. Nach den zwei auf 40 Jahre Laufzeit angelegten Verträgen sollen ab 1999 bis zu 10 Millionen Tonnen Braunkohle jährlich aus zwei Tagebauen an die Stromkonzerne geliefert werden. Wichtigste Voraussetzung für den Vertrag ist die Genehmigung des Tagebaus „Vereinigt Schleenhain“ und die Errichtung von zwei Braunkohlekraftwerken in Lippendorf südlich von Leipzig. Knapp fünf Milliarden Mark wollen die Stromkonzerne allein in Lippendorf investieren. Von den langfristigen Lieferverträgen erhofft sich der Mibrag-Eigentümer Treuhand eine positive Kettenreaktion für die ostdeutsche Energiewirtschaft. Die Lieferverträge hätten eine wesentliche Voraussetzung für die zügige Privatisierung der Mibrag geschaffen, sagte Treuhand-Experte Gerhard Lobschat gestern. Das von der Treuhand favorisierte angloamerikanische Konsortium PowerGen/NRG Energy könne jetzt mit einem sicheren Absatz rechnen. Erhält das Konsortium den Zuschlag, steigt erstmals ein ausländischer Energiekonzern in den lukrativen deutschen Markt ein.
Energieexperten wie Felix Matthes vom Öko-Institut wiesen aber auf eine andere Lesart der Verträge hin. So habe sich auch das Bayernwerk um den Erwerb der Mibrag bemüht. Es sei trotz aller Dementis durchaus möglich, daß der Münchener Stromkonzern diese Bemühungen nun verstärke mit dem Argument: „Wir haben für die langfristige Absicherung des Braunkohletagebaus gesorgt, nun wollen wir den ganzen Kuchen.“
Eine solche Strategie des Bayernwerks würde auch deshalb Sinn machen, weil die Münchener ohnehin einen Großteil des in Lippendorf erzeugten Braunkohlestroms nach Bayern liefern wollen. Die Veag rechnet mit einem so niedrigen Strombedarf für Ostdeutschland, daß der Braunkohlestrom dort gar nicht absetzbar wäre, so Matthes. Dies gelte um so mehr, wenn – wie erwartet – „eine ziemlich große Welle an neuen Blockheizkraftwerken künftig 30 Prozent des ostdeutschen Strommarktes beliefert“.
Auch für das andere ostdeutsche Braunkohlerevier, die Lausitz, meldete die Treuhand unterdessen Fortschritte. Das Konsortium um die RWE-Tochter Rheinbraun werde bis zum 17. März ein konkretes Angebot zum Erwerb der Lausitzer Braunkohle AG (Laubag) vorlegen. Die entscheidende Privatisierungsphase für beide Braunkohleunternehmen werde für das zweite Halbjahr 1993 erwartet.
Die Braunkohlevorkommen in beiden ostdeutschen Revieren werden auf rund 3,5 Milliarden Tonnen geschätzt. 1992 förderte die Mibrag rund 36 Millionen Tonnen. Die langfristige Fördermenge für die Laubag und Mibrag liegt bei jährlich etwa 70 bis 80 Millionen Tonnen, davon rund 70 Millionen Tonnen zur Stromerzeugung. Während 1990 noch rund 130.000 Menschen im ostdeutschen Braunkohlebergbau arbeiteten, werden langfristig weniger als 20.000 Arbeitsplätze übrig bleiben. ten
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