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Mitläufer gesucht – in Europa

■ Ein marokkanisches Komitee organisiert einen 3000-km-Lauf gegen Rassismus

Berlin (taz) – Die Mitläufer sind die schlimmsten. Drehen ihr Mäntelchen nach dem Wind und versuchen, auf der Gnade der Obrigkeit zu surfen. Rennen bereits beim Morgenjogging jedem Rattenfänger hinterher, kochen mittags überall ihr Süppchen mit und beten vor dem Schlafengehen alles nach, was man ihnen vorsagt. Nun aber hat ein Komitee in der marokkanischen Hauptstadt Rabat einen hinterlistigen pädagogischen Plan zu ihrer Umerziehung ersonnen: Mitläufer sollen zu Vorreitern im Kampf gegen den neuen Rassismus in Europa werden.

Am 14. April nämlich startet in Rabat ein Staffellauf wider die Ausländerfeindlichkeit, der über Tanger, Madrid, Bordeaux, Paris, Brüssel und Maastricht bis nach Deutschland führt und am 1. Mai in Bonn endet. Statt eines Stabes geben die Läufer ein mehrsprachiges Manifest für Solidarität und Menschlichkeit weiter.

„Um diese Distanz von 3.000 Kilometern in zwei Wochen zu schaffen“, sagt die in Rabat lebende deutsche Entwicklungshelferin Marion Lieser, „sind mindestens 150 bis 200 Läuferinnen und Läufer notwendig, für Teilstrecken von 15 bis 30 Kilometer“.

Die junge Frau, selbst fürchterlich sportlich und wild aufs Mitlaufen, ist die einzige Deutsche in dem multinationalen Organisationskomitee „Ahlane“ („Willkommen“). Ihre eigene Erfahrung in fremden Ländern hat ihr gezeigt, „wie schön es ist, willkommen zu sein“ bei Menschen, „die an unserem Wertesystem gemessen arm sind und die dennoch stolz sein können, sich ein bei uns rares Gut bewahrt zu haben: Menschlichkeit“.

Erschrocken über die rassistischen Anschläge in ihrer Heimat, zog sie los, um zusammen mit marokkanischen Intellektuellen und einer Französin eine „Assoziation“ zu gründen. Was im autoritär regierten Königreich Marokko übrigens gar nicht so einfach ist.

Nun also versucht die Assoziation „Ahlane“ Kontakte quer über Europa zu knüpfen und Mitläufer in allen Herren und Damen Ländern auf der Laufstrecke zu finden. In Spanien und Belgien, erzählt Marion Lieser, sei die bisherige Resonanz recht positiv gewesen, in Frankreich und Deutschland aber fehlt es noch an Wadenstärke. Und dabei sei das deutsche Mitläufertum doch so berühmt! usche

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