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Die Koalition gibt nach

■ Kitakosten: SPD und CDU wollen Senkung der Sätze für mittlere Einkommen/ Senat gegen Fraktionsentscheidung

Berlin. Das hat es in der Berliner Parlamentsgeschichte noch nicht gegeben. Noch bevor das Gesetz über die Kitakostenbeteiligung am 1. April in Kraft tritt, wollen es die Koalitionsparteien am liebsten wieder abschaffen. In einer internen Runde einigten sich SPD und CDU am Dienstag abend auf eine weitgehende Revision der Beitragserhöhungen, die sie mit dem Gesetz erst im Dezember letzten Jahres beschlossen hatten. Zu diesem Schritt sahen sie sich durch den geharnischten Protest der Elternverbände veranlaßt.

Um dieser Kritik Rechnung zu tragen, haben sich die Regierungsparteien nun darauf geeinigt, die Beiträge für die mittleren Einkommensgruppen zu verändern. Während bis zu einem Jahressalär von 66.000 Mark die Beitragsätze, wie im Gesetz formuliert, auch erhoben werden, sollen ab dieser Marge die Gebühren nach unten hin korrigiert werden. Der Höchstsatz von 490 Mark soll nicht, wie bisher festgeschrieben, ab 88.000, sondern erst ab 120.000 Mark Jahreseinkommen gelten. Dies trifft, nach Einschätzung der Jugendverwaltung, allerdings nur einen geringen Teil der Eltern. Der überwiegende Teil, vor allem im Ostteil der Stadt, verdiene weniger als diese Eckwerte. Nach einer amtsinternen Stichprobe kommen lediglich 0,9 Prozent der Treptower Eltern auf ein Einkommen von mehr als 88.000 Mark im Jahr.

Nach dem Willen der Koalitionspartner werden nicht nur die Beitragssätze für die Bezieher mittlerer Einkommen gesenkt, sondern auch die Berechnungsgrundlagen geändert. So wirkt sich zukünftig die Zahl aller Kinder einer Familie beitragsmindernd aus, im Kitakostenbeitragsgesetz wurden nur diejenigen berücksichtigt, die in öffentlichen Betreuungseinrichtungen untergebracht sind. Wie der familienpolitische Sprecher der SPD, Karl-Heinz Nolte, gestern erklärte, sollen auch die Vorschulgruppen in den Kitas mit ihren Beiträgen „deutlich runter“ gehen.

Die Regelungen werden frühestens im Mai verabschiedet. Sie können dann zum 1. August in Kraft treten. Deshalb haben sich SPD und CDU darauf geeinigt, bis dahin die beschlossenen Erhöhungen gelten zu lassen und die zuviel gezahlten Beiträge später zu verrechnen.

Der Senat ist von der Initiative der ihn tragenden Fraktionen wenig begeistert. Er hält, nach den Worten seines Sprechers Michael- Andreas Butz, an dem Gesetz fest. Jugendsenator Thomas Krüger verweist darauf, daß der Anteil der Eltern an den Kitakosten auch nach der beschlossenen Regelung 13 Prozent betrage, in anderen Bundesländern würde dieser Satz bei bis zu 19 Prozent liegen. dr

Kommentar auf Seite 21

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