: VW-Zulieferer müssen Zeche zahlen
■ Preisdrücker Lopez soll mit eisernem Besen kehren
Berlin/Wolfsburg (taz/dpa) – Die Zulieferer der Volkswagen AG haben am Dienstag abend eine schlechte Nachricht erhalten. Ihr Großkunde wird sich ab sofort in Preisdrückerei üben. Denn vor allem darin hat sich das neu berufene Vorstandsmitglied José Ignacio Lopez de Arriortúa (52) bei seinem früheren Arbeitgeber General Motors (GM) in den USA hervorgetan. Er drückte die Kosten des weltgrößten Autobauers via Abnehmer-Preisdiktat um eine Milliarde Dollar pro Jahr.
Neben den Zulieferern traf es bei GM auch das Personal, das unter Lopez drastisch reduziert wurde. Nun will der VW-Aufsichtsrat den harten Kostensenker einsetzen, um Europas größte Autofirma auf Gewinnkurs zu bringen. Denn im „operativen Geschäft“ (dem Bau und Verkauf von Autos) hat VW bereits im vergangenen Jahr über eine Milliarde Mark Verlust eingefahren. Im Vergleich zur japanischen Konkurrenz hat VW um 40 Prozent höhere Produktionskosten por Einheit, nur noch übertroffen vom Luxuskarossenhersteller Mercedes-Benz. Während VW erst bei einer Kapazitätsauslastung von weit über 90 Prozent Geld verdient, schafft das die französische Konkurrenz schon bei Kapazitätsauslastungen zwischen 60 und 70 Prozent. (siehe auch taz von gestern)
Lopez übernimmt mit sofortiger Wirkung den neugeschaffenen Geschäftsbereich „Produktionsoptimierung und Beschaffung“. Drei langjährigen Chefetagenresidenten entzog der Aufsichtsrat auf Betreiben des neuen VW-Vorstandschefs Ferdinand Piäch „im gegenseitigen Einvernehmen“ den Vorstandssessel – wobei zweien von ihnen Ersatzarbeitsplätze bei VW angeboten werden. Ob der Aufsichtsrat neue Zahlen zum Arbeitsplatzabbau über die bisher genannte Größenordnung von 12.500 Mitarbeitern hinaus diskutiert hat, war ebensowenig zu erfahren, wie Neuigkeiten zur künftigen Modellpolitik.
Gekürzt werden soll allerdings auch die Dividende für die AktionärInnen. Der Aufsichtsrat schlägt der Hauptversammlung am 3. Juni für 1992 eine einheitliche Dividende von zwei DM je 50-DM- Stamm- und Vorzugsaktie vor. Dafür ist eine Dividendensumme von 66 Millionen DM erforderlich. Der größte europäische Autohersteller hatte für 1991 noch elf DM je Stamm- und zwölf DM je Vorzugsaktie an die rund 730.000 Aktionäre gezahlt. Wie im Anschluß an die neunstündige Aufsichtsratssitzung mitgeteilt wurde, erzielte der Konzern 1992 bei einem Jahresumsatz von 85,4 (1991: 76,3) Milliarden DM ein Jahresergebnis von 0,147 (1,114) Milliarden DM.
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