piwik no script img

Bogart aus der Puppenkiste

■ „Figurentheater Fadenfreunde“: „Mach's noch einmal, Sam“

Woody Allen zappelt ein wenig nervös an seinen Nylonfäden, während die permanent zwischen Humphrey Bogarts Fingern eingeklemmte Zigarette mit mit einem lässigen Zug vom Puppenspieler zu seinem Munde geführt wird. Auf der Bühne des Marionettentheaters sieht sich die Allen-Puppe (komplett mit Hornbrille, hoher Stirn und der ewigen Cordhose) in einem Puppenkino auf einer echten, winzigen Leinwand die Original-Schlußszene von „Casablanca“ an, und am Schluß des Stücks steht die neurotische Marionette schließlich selbst auf einem Flugplatz und kann mit Bogart Zitaten von seiner Linda Abschied nehmen, die dann mit wohlgeformten Puppenbeinen im Takt zu „As Time goes by“ die Pappgangway hinaufwackelt.

Auf den Einfall muß man erstmal kommen: „Mach's noch einmal Sam“ als Puppenspiel! Und weil das „Figurentheater Fadenfreude“ aus Achim kommt, haben Allen und Bogart auch noch einen eindeutig norddeutschen Tonfall.

hier bitte

die Puppen

Woody und Bogey

Aber auch der paßte wunderbar ins verwegene Konzept; genauso wie die Hand im weißen Handschuh, die den Puppen immer den Hörer an den Kopf halten muß, wenn diese telefonieren wollen.

Das Stück ist schon witzig genug, und insbesondere der Spieler des Woody Allen hat mit seinen nervösen Bewegungen und seiner immer aufgeregten Stimme das richtige Timing, um die Pointen gut zünden zu lassen. Aber fast noch mehr Lacher und Szenenapplaus bekamen die mit viel Liebe zum Detail ausgeführten Puppen und Bühnenbilder. Etwa Allens Zimmer voller Filmplakate; eine Kunsthalle komplett mit Bildern und Plastiken; oder eine Disco mit Kunstnebel, Spiegelkugel und einem Betrunkenen an der Bar, der direkt aus einem Wernercomic zu kommen scheint. Schließlich gab es sogar eine Fahrt im Taxi mit einem rührend naiven Kinotrick.

Das Publikum im vollbesetzten Saal des Lagerhaus war dann auch hochzufrieden. Davon wollen wir noch mehr sehen! Hoffentlich ist dies erst der Anfang einer Puppenspielreihe mit Kinoklassikern: „Vom Winde verweht“ bietet sich an oder Marilyn Monroe in „Manche mögen's heiß“. Wilfried Hippen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen