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Awacs-Einsatz weiter Zankapfel

■ Kinkel: Bodenpersonal bleibt, Flugpersonal muß aussteigen

Bonn (AFP) – In der Bundesregierung hält der Streit um die deutsche Beteiligung an einer möglichen militärischen Durchsetzung des UN-Flugverbotes über Bosnien-Herzegowina an. Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP) sagte am Montag im Fernsehsender n-tv, nur das Bodenpersonal der Awacs-Aufklärungsflotte der Nato könnte an einem solchen Einsatz teilnehmen. Die deutschen Soldaten an Bord der Flugzeuge müßten die Maschinen verlassen, wenn die Awacs-Aufklärer als Feuerleitstellen in der Luft benutzt würden. CDU-Generalsekretär Peter Hintze verlangte dagegen, notfalls müßten die Unionsminister im Kabinett ihre FDP-Kollegen überstimmen, um die deutsche Beteiligung durchzusetzen. Die SPD forderte, die Koalitionsparteien sollten ihre „verworrenen und chaotischen“ Diskussionen beenden.

Kinkel sprach von einem „tatsächlichen und rechtlichen Unterschied“ zwischen dem rund 350 Mann starken deutschen Bodenpersonal in der Awacs-Heimatbasis Geilenkirchen bei Aachen und den etwa 150 Bundeswehrsoldaten an Bord der Maschinen. Auf die Frage, ob das deutsche Bodenpersonal weiterarbeiten könnte, antwortete Kinkel: „Davon würde ich ausgehen.“ Im Verteidigungsministerium hieß es, die Flugsicherung am Flugplatz in Geilenkirchen liege fast ausschließlich in den Händen deutscher Soldaten. Mit den insgesamt 18 Boeing-707-Maschinen mit tellerartigem Radar- Aufsatz könnten im Rahmen von Awacs (Airborne Warning and Control System) die Angriffe von westlichen Flugzeugen koordiniert werden.

Im Gegensatz zur FDP vertritt das Verteidigungsministerium ebenso wie die Union die Auffassung, daß eine deutsche Beteiligung an Awacs-Einsätzen bei der Durchsetzung des Flugverbotes rechtlich möglich und politisch „angezeigt“ wäre.

Der SPD-Außenpolitiker Karsten Voigt warf der Regierung vor, sie sei unfähig, sich in dieser Frage zu einigen: „Seit drei Monaten wartet die Völkergemeinschaft auf eine klare Haltung.“ Zu Kinkels Äußerung, das deutsche Awacs- Bodenpersonal könnte bei einem militärischen Einsatz im Dienst bleiben, sagte Voigt, der Minister spreche nur für sich. Wenn deutsche Soldaten an einer Durchsetzung des Flugverbotes in den Flugzeugen teilnähmen, werde sich die SPD um eine einstweilige Verfügung des Verfassungsgerichtes bemühen.

Gestern abend wollte der UN- Sicherheitsrat möglicherweise über den Einsatz von militärischen Zwangsmitteln zur Durchsetzung des Flugverbots gegen serbische Maschinen beschließen.

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