: UNO-Konvois für Ostbosnien festgehalten
■ UNO-Verhandlungen am Scheideweg: Karadžić droht mit Abbruch der Gespräche/ Sicherheitsrat berät militärische Durchsetzung des Flugverbotes
Tuzla/New York (dpa/AFP/taz) – Milizen der selbsternannten „Serbischen Republik Bosna-Hercegovina“ blockierten auch am Montag knapp 30 UNO-Hilfskonvois für die von serbischen Truppen eingeschlossenen Städte Ostbosnien. Die dem bosnischen Serbenführer Radovan Karadžić unterstellten Irregulären fordern die Evakuierung der serbischen EinwohnerInnen von Tuzla, das nach wie vor von Truppen der bosnischen Regierung gehalten wird. Bei der Blockade werden die bosnischen Serben offenbar von regulären Einheiten der jugoslawischen Armee auf der serbischen Seite der Grenze unterstützt.
Nach Angaben des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge in Bosnien-Herzegowina, Lyndall Sachs, hat der UNO-Oberbefehlshaber der ehemaligen jugoslawischen Republik, der französische General Phillipe Morrillon, die Ausreise der serbischen Bevölkerung aus Tuzla vereinbart. Am Wochenende hatte Morillon die Evakuierung von 700 Moslems aus dem umkämpften Srebrenica ermöglicht. Im Austausch gegen eine Ausreise der serbischen Bewohner Tuzlas haben sich nach Angaben des Generals die serbisch-bosnischen Militärs bereit erklärt, die dringend notwendige Hilfe für Srebrenica passieren zu lassen.
Den Vorwurf, durch die Verhandlungen die Politik der „ethnischen Säuberung" in der Vielvölkerrepublik Bosnien-Herzegowina zu unterstützen, wies General Morillon scharf zurück. Das Abkommen stelle vielmehr den Versuch dar, die Freizügigkeit im Lande wiederherzustellen. Morillon hielt sich am Montag weiterhin in Srebrenica auf. Er kündigte an, die Stadt erst dann wieder zu verlassen, wenn der ungehinderte Zugang für Hilfsgüter gesichert sei.
Davon war bis Redaktionsschluß wenig zu spüren. Zwar durften am Montag nachmittag zehn LKW der UNO die serbische Hauptstadt Belgrad in Richtung Sarajewo verlassen. Nach wie vor aber wird dem am Wochenende in Belgrad eingetroffenen französischen Ärzteteam die Weiterfahrt nach Srebrenica verweigert. Trotzdem wollten die 19 Ärzte und Krankenschwestern am Montag abend versuchen, mit ihren 12 Tonnen Ausrüstung die eingeschlossene Moslem-Enklave zu erreichen.
Die bosnische Hauptstadt Sarajewo lag derweil unter dem schwersten Beschuß seit Kriegsbeginn. Nach Ansicht des Oberkommandierenden der UN-Truppen in der Stadt, Oberst Marcel Valentin, ist es „völlig klar, daß die bosnischen Serben die Stadt noch vor einem möglichen Friedensschluß in New York erobern wollen". Zwischen Samstag und Sonntag sind nach Angaben Valentins 2.389 Geschosse in dem von der UNO- Schutztruppe kontrollierten Teil der Stadt eingeschlagen.
Der selbsternannte Präsident der bosnischen Serben, Radovan Karažić, drohte erneut mit dem Abbruch der New-Yorker Friedensgespräche, falls es zu einer militärischen Durchsetzung des UN- Flugverbotes für Bosnien kommen sollte. Am Wochenende hatten Flugzeuge der jugoslawischen Armee moslemische Ziele in Ostbosnien bombardiert. Gestern abend wollte sich der Sicherheitsrat mit dem Thema beschäftigen. Frankreich, das bisher militärische Maßnahmen abgelehnt hatte, stimmt einer Durchsetzung des Flugverbotes mittlerweile zu.
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