: "Einmal im Monat Sex"
■ Autoverkäufer versuchte Aushilfskraft per Arbeitsvertrag zu Sexualkontakten herumzukriegen / Fristlose Entlassung
Schöneberg. Wiewohl sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz leider alltäglich ist, dürfte es doch sehr selten vorkommen, daß der Belästiger Sex per Vertrag einfordert. In einem Schöneberger Autohaus sollte eine Aushilfskraft folgende „Arbeitsvereinbarung“ unterschreiben: „Mir ist bekannt, und ich bin damit einverstanden, daß unter Autoverkäufern ein sehr lockerer Ton und auch sexuelle Absichten vorhanden sind. Ich bin auch einverstanden, daß es wenigstens einmal im Monat zu einem Intimkontakt kommen kann.“
Die Vorgeschichte: Maya J. hatte dort im Dezember letzten Jahres als „Kundenbetreuerin“ zu arbeiten begonnen. Sechs Stunden pro Woche kochte sie Kaffee und verteilte Prospekte, ihren Lohn bekam sie in bar. Den älteren Mann, der sie angeheuert hatte, hielt sie für den Chef der Firma. Dieser habe ihr bereits nach kurzer Zeit gesagt, daß er mit ihr „intim werden möchte“, berichtete die junge Frau ihrem Anwalt Holger Eberlein. Nachdem sie ablehnte, habe Wolfgang S. ihr entgegnet, er sei „ein schlechter Verlierer“ und werde alles daransetzen, um sein Ziel doch noch zu erreichen. Wenig später habe er sein Ansinnen bekräftigt: „Sie müssen doch Erfahrungen sammeln.“
Am 22.Februar schließlich schickte er ihr die erwähnte „Arbeitsvereinbarung“ ins Haus. Doch Maya J. unterschrieb nicht, sondern kündigte ihm die Zusammenarbeit auf und ging zum Autohaus, um noch ausstehendes Gehalt einzutreiben. Dabei, so erzählte sie, habe er sie wiederum bedrängt. Nachdem sie ihrem draußen wartenden Verlobten von dem Geschehen berichtet hatte, sei es zu einem heftigen Wortwechsel zwischen den Männern gekommen. Am Ende habe Wolfgang S. gedroht, er wisse schon, wie er sie fertigmachen könnte.
Am nächsten Tag flatterte Maya J. ein Schreiben von ihm ins Haus, in dem er sie und ihren Freund wegen „Sachbeschädigung, Beleidigung und Androhung einer Körperverletzung“ anzuzeigen drohte. Erstaunt mußte die Frau vernehmen, ihr Lebensgefährte habe „mit einem Autoschlüssel die Motorhaube eines Camry Combi beschädigt“. Einige Tage später meldete sich Wolfgang S. telefonisch: Wenn sie sich die Anzeige und weiteren Ärger ersparen wollte, müsse sie die „Arbeitsvereinbarung“ unterschreiben, sofort wieder arbeiten und am ersten Tag mit ihm intim werden. Der Anwalt von Maya J. stellte inzwischen Strafanzeige wegen mehrfacher versuchter Nötigung und falscher Anschuldigung, ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte ihren Eingang.
Eine Strafe hat den Mann aber schon ereilt: Er wurde fristlos entlassen. Wolfgang S. war nämlich mitnichten der Inhaber der Firma, sondern nur Angestellter in deren Zweigstelle. Sein Chef zeigte sich bar entsetzt von der „Arbeitsvereinbarung“: „Das ist geistig nicht mehr nachvollziehbar.“ Der Mann habe die Frau ohne Wissen der Zentrale angeheuert und schwarz ausbezahlt, die „Arbeitsvereinbarung“ sei unter dem Phantasietitel „Wolfgang S. Handelsvertretung“ aufgesetzt worden. Aber, so der Chef, „den Arbeitsprozeß werde ich wohl verlieren“: Das Gericht werde die Kündigung dieses langjährigen Mitarbeiters womöglich für unangemessen halten. Ute Scheub
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