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Denkmalschutz, nein danke!

■ Die Bewohner der Hellersdorfer "Taut-Siedlung" machen gegen Senat mobil / Hausbesitzer befürchten, daß ein Denkmalschutz für die Häuser des Bauhaus-Architektenzu Wertverlusten führen könnte

Hellersdorf. In der Taut-Siedlung im Hellersdorfer Ortsteil Mahlsdorf-Mitte stehen die Zeichen auf Sturm. Die rund 80 vorwiegend älteren Bewohner zwischen Am Kornfeld und Gielsdorfer Straße machen mobil gegen den Senat, der das Areal unter Denkmalschutz stellen will. In einem Brief an Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) haben sie gegen das Vorhaben Widerspruch eingelegt, da es ihrer Meinung nach „unzumutbare Nachteile“ für die Betroffenen bringt. Außerdem verwahren sie sich gegen das Vorgehen der Behörden, das „erpresserischen Charakter“ habe.

Die Senatsverwaltung hatte die Hausbesitzer Anfang Februar von der Absicht in Kenntnis gesetzt, die in den zwanziger Jahren nach Entwürfen des Bauhaus-Architekten Bruno Taut entstandene Anlage als Baudenkmal einzutragen. Begründet wurde dies mit der Erhaltung des Areals, die wegen seiner „geschichtlichen und künstlerischen Bedeutung“ sowie seiner „Bedeutung für das Stadtbild im Interesse der Allgemeinheit liegt“. Innerhalb eines Monats sollten sich die Betroffenen dazu schriftlich äußern. Machen sie davon keinen Gebrauch, werde von deren Zustimmung ausgegangen, hieß es in dem Schreiben.

Die Hausbesitzer sahen sich außerstande, in dieser kurzen Zeit die für sie wichtigen Informationen über Vor- und Nachteile der Unterschutzstellung einzuholen. 30 von ihnen legten deshalb sofort schriftlich Widerspruch ein. Klarheit erhofften sie sich von einer Einwohnerversammlung, die auf Initiative der Unteren Denkmalschutzbehörde Anfang März stattfand. Wie Otto Huth vom unterdessen gegründeten Bürgerkomitee erklärte, bestätigten Vertreter des Landesamtes für Denkmalschutz und des Hellersdorfer Stadtplanungsamtes dort viele Befürchtungen der Betroffenen, die ihren Besitz teilweise von Eltern oder Großeltern übernommen haben. So könnten künftig Auflagen erteilt werden, was und wie umgebaut werden darf. Jede Veränderung bedürfe der Genehmigung. Zur Umsetzung dieser Anordnungen seien zwar Beihilfen aus dem Landeshaushalt möglich, ein Rechtsanspruch darauf bestehe jedoch nicht. Bei Unzumutbarkeit könne vor dem Verwaltungsgericht geklagt werden, hieß es.

Erbost sind die Eigentümer auch über den als Vorzug ausgegebenen Fakt, daß bei Denkmalschutz eine Teilung und weitere Bebauung der 800 bis 1.200 Quadratmeter großen Areale nicht möglich sei und damit die Wohnqualität im Grünen erhalten werden könne, sagte Huth. Zwar hätten viele derzeit gar nicht vor, ihr Grundstück oder einen Teil davon zu verkaufen, aber die Möglichkeit möchten sie sich offenhalten. Und wer würde ein Stück Land erwerben, das nicht nach eigenen Vorstellungen bebaut werden darf? Sie sehen sich dabei durch Expertenaussagen bestätigt, nach denen unter Denkmalschutz stehende Immobilien wegen der damit verbundenen Einschränkungen bis zu 30 Prozent an Wert verlieren.

Angesichts dieser Aussichten lehnen fast alle Betroffenen das Vorhaben ab, sagte Huth. Ob ihr entschiedenes Nein das Verfahren allerdings abwenden kann, ist fraglich. Die Vertreter der Behörden hatten in der Einwohnerversammlung laut Huth nämlich erklärt, daß der Plan auch gegen den Willen der Bürger durchgesetzt werde. Die Betroffenen sehen darin eine Verletzung der Demokratie, die sie nicht hinnehmen wollen. Christina Schultze/ADN

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