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Absetzung Jelzins und Chasbulatows gescheitert

■ Keine Mehrheit für Anträge im Parlament

Moskau (taz) – Die konservativen russischen Volksdeputierten haben aufs Ganze gesetzt – und sind gescheitert. Bei einer geheimen Abstimmung votierten rund 590 Abgeordnete für die Absetzung des russischen Präsidenten Boris Jelzin, für eine Amtsenthebung wäre eine Zweidrittelmehrheit – 689 Stimmen – notwendig gewesen. Für die Entmachtung von Parlamentspräsident Chasbulatow hätte dagegen die einfache Mehrheit von 517 Abgeordneten genügt, für eine Amtsenthebung votierten lediglich 400 Abgeordnete.

Noch am Vortag hatten die Volksvertreter es abgelehnt, die Amtsenthebung Jelzins überhaupt auf die Tagesordnung zu setzen. Statt dessen arbeiteten sie an einer Resolution, die die Handlungsweise des Präsidenten und seiner Regierung aufs schärfste verurteilte. Darauf hatte Jelzin am Samstag abend unzweideutig geantwortet: Eine derartige Entschließung werde er nicht akzeptieren. Am Sonntag morgen präsentierten Parlamentsvorsitzender Chasbulatow, Jelzins erbittertster Gegner, und der Präsident dem höchsten Gesetzgeber statt dessen dann einen erneuten Kompromiß: Neuwahlen für das Präsidentenamt und das Parlament am 21. November. Dafür werde Jelzin das Referendum zur Vertrauensfrage fallenlassen. In der Konsequenz hieß das ein vorzeitiges Ende des Kongresses. Und so zwang der Selbsterhaltungstrieb der Abgeordneten sie, zum letzten Mittel zu greifen. Sie stimmten gegen den Kompromiß und leiteten den Wahlgang ein.

Dabei geriet auch Ruslan Chasbulatow in die Schußlinie. Über die Hälfte der Abgeordneten – der Manipulationen ihres Vorsitzenden müde – verlangte wutentbrannt, nun auch seine Entlassung zu betreiben. Zugleich verabschiedete der Kongreß eine Resolution, die ihm weitgehende Macht über den russischen Hörfunk und das Fernsehen einräumen soll. Die Deputierten stellten sich damit klar gegen ein Dekret des russischen Präsidenten, der am vergangenen Montag die Medien seiner Kontrolle unterstellt hatte.

Vor mehr als 50.000 Pro-Jelzin-Demonstranten auf dem Roten Platz hatte der Präsident am Sonntag mittag versichert, er werde das Referendum auf jeden Fall abhalten. Für Jelzin ein willkommener Moment, wieder in die Rolle des Volkstribunen zu schlüpfen. Sämtliche Kabinettsmitglieder sowie bekannte demokratische Politiker waren bei seinem Auftritt vor der Menge zugegen. Rund 30.000 Jelzin-Gegner kamen auf dem Manege-Platz zusammen. Auf beiden Plätzen erwarteten dann immer mehr Menschen das Ergebnis der Abstimmung. khd Seite 8

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