: Doktor Elste - nichts als ein Kurpfuscher?
■ Gewerkschaft ÖTV warnt vor den Rezepten des SPD-Fraktionschefs: Nicht Privatisierung, politische Reformen sind nötig
warnt vor den Rezepten des SPD-Fraktionschefs: Nicht Privatisierung, politische Reformen sind nötig
Ist „Doktor“ Elste ein Kurpfuscher? Wenn es nach der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), dürfte die Antwort klar sein: Ja. Denn der Fraktionschef der SPD-Bürgerschaftsfraktion liefert nach Ansicht der ÖTV nicht nur fehlerhafte Diagnosen, er stellt auch die falschen Rezepte aus, kuriert an Symptomen herum, ohne die Ursachen für den maliziösen Zustand des Patienten Hamburg zu bekämpfen.
Die „prekäre finanzielle Situation“ der Stadt, so ÖTV-Boss Rolf Fritsch gestern in einer eilends einberufenen Gegen-Pressekonferenz, könne nicht durch die von Elste am vergangenen Mittwoch vorgeschlagenen punktuellen Sparmaßnahmen verbessert werden, sondern nur durch eine Rundumerneuerung. Nicht durch eilige Privatisierung einzelner Teile des öffentlichen Diensts, sondern durch eine strukturelle Neugliederung. Dazu aber sei der SPD-Senat samt seiner von der Regierungsverantwortung gelähmten Partei nicht in der Lage. Verwaltungsreform, Verfassungsreform, Effizienzsteigerung der öffentlichen Unternehmen, Kontrolle der Verwaltung nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. „Nichts ist angegangen worden,“ wettert Fritsch.
Und dies läge ja wohl nicht zuletzt an Elste, der in seiner Doppelrolle als Chef der Hamburgischen Gesellschaft für Beteiligungsverwaltung (HGV) und Fraktionschef der Regierungspartei ebenso für die Schulden der öffentlichen Unternehmen mitverantwortlich sei wie für die unterlassenen politischen Reformen. Diesem Mann vertrauen? Dessen Heilmittel — weniger öffentliche Dienstleistungen, mehr Wettbewerb — vertrauen. Nein, da sträuben sich die Gewerkschaftsnackenhaare.
Dann schon lieber die eigenen Spar-Rezepte. Und die unterscheiden sich auf den ersten Blick gar nicht so sehr von der Elste-Mixtur. Ausgliederung bestimmter Dienstleistungen aus dem städtischen Moloch ja. Nur eben nicht verbunden mit einer Privatisierung. Schafft viele kleine, effiziente Unternehmen, so das Rezept der ÖTV, aber bitte als Anstalten des öffentlichen Rechts. Politisch kontrollierbar, aber nicht verstrickt in einem Netz politischer Abhängigkeiten und natürlich — ausgestattet mit den ÖTV-Tarifverträgen.
Nicht nur — wie geplant — die Stadtreinigung, auch Krankenhäuser, Stadtentwässerung und die Ämter für Grünanlagen könnten als kleine Unternehmen wirtschaftlich geführt werden, auch wenn man sie nicht privatisiere. „Wir müssen den gesamten öffentlichen Sektor neu schneiden,“ sagt Fritsch. Und wenn das nicht geschieht, der Senat sich lieber an Doktor Elstes Rezept hält? „Dann müssen wir das skandalieren.“ uex
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