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Ein Bürgermeisterleben

■ Klaus Wedemeier überrascht mit politischer Autobiographie

Seit gestern ist eines der bestgehütetsten Geheimnisse der Hansestadt gelüftet: Bürgermeister Klaus Wedemeier ist unter die Buchautoren gegangen! Eine kurze Presseerklärung aus dem Rathaus brachte es an den Tag: Wedemeier wird heute sein erstes Buch mit dem Titel: „Mein Weg ins Rathaus — ein politisches Leben an der Weser“ in der oberen Rathaushalle der Öffentlichkeit präsentieren. Über Details aus dem Inhalt schwieg der Jung-Autor sich bisher aus. Erste Kostproben dieser autobiographischen Prosa werden heute nachmittag zu hören sein: Wedemeier selbst und „einige meiner gerade auch politischen Freunde“ werden, professionell unterstützt von Norbert Kentrup von der ShakespeareCompany, ausgewählte Passagen vortragen.

Müssen nun alle politischen Weggefährten des Bürgermeisters um ihre Intimsphäre bangen? „Sicher nicht. Natürlich steht da einiges drin, was manchen nicht gefällt. Man muß auch mal jemandem weh tun, wenn man sich selber treu bleiben will.“

Die Bürgerschaftsfraktionen reagierten überrascht auf die Ankündigung aus dem Rathaus. Die SPD gab sich irritiert und war zu keiner Stellungnahme bereit. Aus den Reihen der Koalitionsparteien wollte sich offensichtlich niemand die Finger verbrennen: „Wir sind gespannt auf morgen nachmittag“, hieß es gestern bei den Grünen. Einzig die CDU fand schnell kräftige Worte - Wedemeier-Kontrahend Nölle: „Heiße Luft auf Papier“.

Man darf gespannt sein, inwieweit sich die aktuellen politischen Ereignisse in diesem Erstlingswerk niedergeschlagen haben. Die Stadtwerke-Affaire hat auf jeden Fall Spuren hinterlassen: der gebeutelte Bürgermeister möchte den Verdacht vermeiden, sich an den politischen Verwicklungen des Stadtstaates bereichern zu wollen. Schon in der gestrigen Presseerklärung wird darauf hingewiesen, daß die Erlöse aus dem Buchverkauf dem Alterswerk der Friedrich-Ebert-Stiftung zugute kommen sollen. Paul Fels

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