piwik no script img

Lokalkoloratur: Reinhard Kahl

LOKALKOLORATUR

Haben Sie heute schon mal einen Fehler gemacht? Nein? Das ist gar nicht unbedingt löblich. „Fehler machen“, das referierte der Journalist Reinhard Kahl am Wochenende vor rund 200 Lehrern im Curio-Haus, gelte bei modernen Unternehmen längst als Tugend, unterscheide den Mutigen vom Anpasser. Denn, wer neue Wege gehen wolle, der müsse auch Fehler machen dürfen. Bei BMW, beispielsweise, würde man „Lernen“ neuerdings „Fehlermanagement“ nennen, ein japanischer Multi frage seine Arbeiter gar bei der täglichen Mittagsmeditation: „Hast du heute schon einen Fehler gemacht?“, berichtete Kahl den Pädagogen, die sich auf einem Kolloqium der Alternativen Enquete-Kommission Schulpolitik der GEW über „Neue Rahmenbedingungen für Schule“ ins Bild setzen lassen wollten. Der Hamburger TV-Journalist hat sich in Industrie und Wirtschaft umgesehen und ausgemacht, daß dort von oben eine regelrechte Kulturrevolution initiiert werde. „Lob des Fehlers, eine Kulturrevolution“, heißt denn auch sein Dokumentarfilm, der am Karfreitag um 13 Uhr mittags auf N3 zu sehen ist. Fazit: in der Wirtschaft seien schlanke Hierarchien und Teamarbeit angesagt, moderne Unternehmen würden sich fortan als „lernende“ und nicht als „belehrende Organisationen“ verstehen. Und was hat all dies nun mit Schule zu tun? „Die Suche nach dem Fehler“, so Kahl, sei in vielen Schulen noch immer eine bevorzugte Übung der pädagogischen Inquisition. Frontalunterricht, Nicht-abgucken-lassen, rote Tinte im Diktat, all dies erziehe zur Nachahmung statt zur Kreativität. Auch in vielen Betrieben würden Menschen noch sadistisch ihrer Fehler überführt, Rituale, die demütigen und zur Anpassung zwingen. Eine Einschränkung machte Kahl: das Lob des Fehlers dürfe nicht zur Verharmlosung des Falschmachens führen, sei gewiß keine Parole für Lufthansa Piloten, gelte also nicht für Routinearbeiten, die man auch bequem Maschinen übertragen könne. Und die dürfen keine Fehler machen. kaj

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen