: Immer dem Schall nach
■ Spielen erlaubt und erwünscht: Druckgrafiken und Klänge in der Städtischen Galerie /
Drei meterlange Stahlkörper liegen auf dem Boden im Foyer der Städtischen Galerie, die Treppe hoch fällt der Blick in eine Ruine, und ganz oben hängen überdimensionale Papierrollen von der Decke. Nicht beschaulich, sondern aktiv bespiel- und begehbar installierten Thomas Buts und Rainer Krause für drei Wochen Klänge und Druckgrafiken.
Der erste Eindruck ist Konzept: Die beiden Bremer Künstler wollten „was Temporäres“, Vergängliches integrieren, und zwar in die räumlichen Gegebenheiten der Galerie. Auch deren Leiter Hans-Joachim Manske nennt es „Zwischenspiel“ im halbfertig renovierten Gebäude.
Spielen dürfen und sollen die BesucherInnen. Thomas Buts' Stahlkörper im Eingangsbereich entpuppen sich als mobile, mit Stahlsaiten bespannte Klangstäbe, denen sich Schrilles wie Dumpfes entlocken läßt. Mit Rüberbeugen und Zupfen ist da aber gar nichts zu erreichen — das Musizieren wird zum Ritual mit anzufeuchtendem weißen Filztuch und feinfühligem Streichen in jeweils einer Richtung.
Dem Schall nach geht's dann weiter nach oben, über das ebenfalls bespannte Treppenhaus zum Ausblick in den offenen Ruinenraum. Eine einzelne Stahlseite, vom Treppenabsatz aus zu bedienen, füllt auch ihn mit Tönen. Wahlweise eine klangvolle 3-D-Erfahrung oder akustische Spielerei.
Rainer Krause schließt seinen Ausstellungsraum im Obergeschoß mit Papier. Wieder ist die Architektur Maßstab für die Anordnung der Kunstwerke: Preußisch akurat wie Decke und Säulen hängen vier Meter hohe entrollte Papierfahnen in Zweierreihe. Gerade mal so dicht, daß noch problemlos kreuz und quer hindurchgewandelt werden kann. Für Krause zudem eine Art „aufgeblättertes Magazin“; auf diesem Papier werden sonst „Praline“-und „Spiegel“-Seiten gedruckt. Alterserscheinungen wie Falten und Knittern seien hier wie da ein „spannender Prozeß“ und Nebeneffekt des „leichten Papieres“. Gedruckt oder vielmehr gepreßt hat Rainer Krause mit Händen, Füßen, Gummiwalze und Hammer sowie großen Musterplatten aus Holzresten. Alle seine Graphiken sind ohne Titel, spontan und momentan. Motive sind für ihn Erlebnisse, und die Farben sucht er sich nach der optischen Wirkung bunter Reggae-Kappen etwa oder der Eigendynamik von Doppel- und Mehrfachdrucken. Genauso willkürlich stellt er auch sein Markenzeichen, eine güldene Keramikkrone, dazu. Silvia Plahl
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