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■ Mit Theo Müller auf du und duDie Lust am Konflikt

Aretsried (taz) – Prozesse scheinen Theobald Müllers größter Lustgewinn zu sein. Deutschlands Milch-Baron Nr. 1 aus Aretsried in Schwaben mußte vor einem guten Jahr 375.000 Mark Buße für eine jahrelang geduldete illegale Grundwassermehrentnahme hinblättern. Nachträglich hat er diesen Wasserraub unter Auflagen genehmigt bekommen. Kritiker rauften sich die Haare, daß Müller-Milch hochwertiges Grundwasser für Kühlzwecke pumpen darf, obwohl im Sommer Nachbargemeinden wegen Wasserknappheit ein hartes Sparprogramm fahren müssen.

Aber nun sehen sich die entgegenkommenden Beamten im Landratsamt nun plötzlich mit einer Strafanzeige konfrontiert. Denn dem undankbaren Theo waren ihre Auflagen zu streng, er hat Widerspruch eingelegt. Als ihm die Behörde beschied, bis zur gerichtlichen Entscheidung gelte nun aber Müllers alte, geringere Pumpmenge, bemühte der Joghurt-Millionär erneut seine Anwälte. Es bestehe der dringende Verdacht der Nötigung, so die Anklage, denn Theobald M. sehe sein staatsbürgerliches Recht beschnitten, sich gegen Anordnungen und Auflagen staatlicher Behörden zu wehren.

Damit das Landratsamt und an seiner Spitze Müllers bislang willfähriger Gönner, Landrat Karl Vogele, auch spüren, wie ernst es Herrn Müller ist, folgt die Drohung auf dem Fuß: Bei einer Festlegung auf eine jährliche Grundwasserentnahme von 600.000 Kubikmetern und einer Nichtgenehmigung des Müllerschen Mehrbedarfs müsse voraussichtlich bereits im September 1993 der Betrieb in Aretsried eingestellt werden. Diese Ankündigung ist sogar dem gefügigen Landrat Vogele des Guten zuviel. Er, der sich noch für das Bußgeld schriftlich entschuldigt hatte, will an die Werksschließung nun doch nicht ganz glauben.

Kopfschütteln über Müller wird allmählich zur Berufskrankheit in Landratsämtern. Müllers Wassersucht hat nicht nur am Stammsitz in Aretsried Ärger ausgelöst, sondern auch in Sachsen, wo der Milchmann eine neue Fabrik bauen will. Die Leipziger Wasserwerke kritisieren, der Grundwasserbedarf werde der ganzen Region Geithain (bei Leipzig) das Wasser abgraben (taz vom 3.3.93). Doch darum schert sich Theo Müller nun mal nicht. Auch in England, wo er seit etwa zwei Jahren Unmengen Joghurt für den englischen Markt herstellt, wurde ihm jüngst ein Bußgeld für Umweltsünden berechnet. Etwa 10.000 Mark mußte er berappen, weil mangelhaft geklärtes Abwasser ins Kanalnetz geleitet wurde – Alles Müller, oder was? Klaus Wittmann

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