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Leere Geheimnisse — nichts ist echt

■ „Stücke“ von Sybille Berke in der Galerie Cornelius Hertz: Lust an der Täuschung, Aufforderungen zur Interpretation

Fahnen, Nistkästen, Bewegungsmelder, Lautsprecherkästen? Ein kurzer zweiter Blick genügt, um zu erkennen, daß man sich durch die Objekte — „Stücke“, wie Sybille Berke sie nennt — hat täuschen lassen. Und aus diesem Täuschungswillen macht die Künstlerin keinen Hehl: die vielfältigen angeblichen Blechkästen sind aus Holz, sie sind krumm und schief, der Eindruck ihres Alters, ihrer Abnutzung wird nachlässig mit Farbe erzeugt. Die Objekte werfen weniger die Frage auf, wozu sie einmal gedient haben, als viel mehr, welche Funktionen sie imitieren sollen.

Die meisten Kästen sind verschlossen, die Öffnungen sind zu klein, um Einblicke zu gewähren, die Klappen lassen sich nicht öffnen. Gelingt einem doch ein Blick ins Innere, sieht man, was man schon erwartet hat: einen leeren Raum und die simple, ungeschminkte Holzkonstruktion. Nicht allein das formal-skulpturale Thema des Verhältnisses von innen und außen behandeln diese Objekte, sondern eher die allgemeine Frage, welche Rolle heute — in einer Zeit der 'Oberflächlichkeit', der Fassade — das Innen, das Innere noch spielen kann. Geht man dieser Frage nach, macht sich Enttäuschung breit: leer ist, was Geheimnisse bergen können, hohl, was masiv wirkte, und nichts ist echt.

Das Verhältnis von Täuschung und Enttäuschung, von Fassade und nicht vorhandenem oder entwertetem Inneren kann als ein Ansatzpunkt einer Interpretation der Werke Sybille Berkes dienen. Doch das Täuschungsspiel geht tiefer: es beginnt bereits bei der vorgetäuschten Nachlässigkeit der Herstellung der Objekte, die in Wahrheit aufwendiger ist als eine gründliche Ausführung, es geht über die vermeintliche Funktionalität und endet bei rätselhaften Titeln oder solchen, die prosaisch beschreiben, was mehr zu sein scheint.

Die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten fordern die BetrachterIn heraus; ein Qualitätsmerkmal der Arbeiten der Düsseldorfer Künstlerin, die bereits mit einer ganzen Serie von Preisen und Auszeichnungen bedacht wurde. Aber die Vielfalt droht auch, in Beliebigkeit unterzugehen. Je länger man sich mit den „Stücken“ beschäftigt, desto stärker wird die Verunsicherung. Am Ende fragt man sich, ob das, was man am Anfang kritisieren wollte, nämlich die ästhetishe Hochrüstung der zu Installationen zusammengefaßten Objekte — nicht auch noch ein Täuschungsmanöver der Künstlerin ist — dann allerdings wäre die Inszenierung perefkt. Jann Brouer

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