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■ Cash & CrashKein deutsch-französisches Tête-à-tête

Mit Europa ist es so eine Sache. Wo auch immer ein bescheidener Forschritt zu verzeichnen ist – gleich wird er als wahrhaft europäische Errungenschaft verkündet. Doch seit dies auch für lästige Neuerungen wie steigende Versicherungsprämien, teurere Bananen oder höhere Geldmarktzinsen gilt, für die im eigenen Land niemand schuld sein will, wird die Göttin Europa zum Monster mit dem goldenen Sternenkranz.

Verantwortlich sein will natürlich auch niemand für die tiefe Wirtschaftskrise oder gar das ständige Geknirsche im Währungsgefüge, das die von den Helden von Maastricht kreierte Euro-Währung endgültig in weite Ferne rücken läßt. Am allerwenigsten das geldgierige Deutschland und seine Währungshüter, die Geldpolitik im europäischen Maßstab, aber nach rein nationalen Gesichtspunkten betreiben. Wollen die Miteuropäer nicht den freien Fall ihrer Währungen riskieren, müssen sie ihr monetäres Instrumentarium, sprich die Zinsen, auf Gedeih und Verderb an den Leader Germany binden.

Wie fatal das sein kann, zeigt das Beispiel Frankreich. Dort ist die Inflation mit zwei Prozent zwar längst besiegt, doch die weiterhin hohen Realzinsen von rund sieben Prozent, ein Ergebnis des deutschen Zinsdiktats, drücken die ohnehin eingebrochene Konjunktur vollends zu Boden. Daß die neue Regierung dies nicht länger hinnehmen will, hat sie bereits vor den Wahlen angekündigt. „Franc fort“, ein starker Franc heißt die Devise, um mit Deutschland weiter unter gleichen reden zu können. Bislang konnte der Franc-Kurs nur durch die bedingungslose Unterstützung der Bundesbank gerettet werden. Doch der währungspolitische Druck aus Paris nimmt zu: Schlau verknüpft Premier Edouard Balladur sein Bekenntnis zum geltenden Wechselkurs zwischen Franc und D-Mark als Anker des Europäischen Währungssystems (EWS) mit der Vorraussetzung für eine dauerhafte Zinssenkung. Frankreich setzte ein Zeichen und senkte die Zinsen für kurze Pensionsgeschäfte von 12 auf 10 Prozent. Auch der Notenbank will der Regierungschef lediglich noch Autonomie, nicht aber die versprochene Unabhängigkeit zubilligen – wohl deshalb, weil er nicht wie Helmut Kohl um jedes halbe Prozent Zinssenkung betteln will. Und sollten die Franc- Spekulationen wieder aufleben, könnte Balladur den Kanzler vor die Wahl stellen: Entweder werden die deutschen Zinsen gesenkt, oder Frankreich steigt aus dem EWS aus. Das wäre das Ende der Währungsunion.

Für die Zinsen aber ist die Bundesbank zuständig, und die kümmert Europa nicht groß. Wer weiß überhaupt, ob die Frankfurter Herrenrunde die Währungsunion je wollte? Mit Italien und Spanien, so wird geunkt, sei der Plan ohnehin nicht einzuhalten. Vielleicht liegt den Bundesbankern der Gedanke, gemeinsam mit Frankreich und den Benelux- Staaten einen inoffiziellen Währungspakt zu schließen, viel näher. Erwin Single

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