: UN fordert Bundeswehr für Somalia an
Generalsekretär Butros Ghali bittet um die Entsendung von 1.500 deutschen Soldaten in das Bürgerkriegsgebiet / Der Einsatz soll nur in „befriedeten Regionen“ erfolgen / ■ Von Andreas Zumach
Genf/New York (taz) – UNO- Generalsekretär Butros Butros Ghali hat am Dienstag neben 19 weiteren Staaten auch die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert, Soldaten für die künftige UNO-Operation in Somalia (UNOSOM II) abzustellen. Bonn soll 1.500 Soldaten entsenden.
Ghali kam damit im Prinzip, wenn auch nicht im Detail auf ein Angebot zurück, daß ihm die Bundesregierung am 17. Dezember letzten Jahres unterbreitet hatte. Darin war damals von einem Nachschub- und Transportbatallion mit bis zu 1.500 Mann die Rede, von der Unterstützung somalischer Polizeikräfte sowie vom Einsatz des Technischen Hilfswerks. Diese Offerte erfolgte seinerzeit ohne vorherigen Parlamentsbeschluß oder gar eine Abklärung, ob der Einsatz deutscher Soldaten in Somalia und damit außerhalb der im Grundgesetz definierten geographischen Grenzen, verfasungsgemäß ist.
Basis für die am Dienstag ergangene Aufforderung Ghalis ist ein Beschluß des Sicherheitsrates zur Ablösung der bisher weitgehend von US-Soldaten gestellten UNO- Taskforce (UNITAF) durch einen neuen multinationalen Verband. Washington will seine 28.000 GI's innerhalb der bis zu 37.000 Mann starken UNITAF ab 1. Mai auf höchstens 5.000 reduzieren. Die künftige UNOSOM-Truppe soll aus 20.000 Soldaten, 8.000 Mann zur logistischen Unterstützung sowie 2.800 Zivilpersonen bestehen.
Die Resolution des Sicherheitsrates enthält – bisher einmalig in der Geschichte des Gremiums – detaillierte Angaben über die operativen Aufgaben der UNOSOM- Truppe und ist maßgeschneidert auf den Beitrag, den Deutschland nach Auffassung der Bonner Koalition auch ohne Verfassungsänderung leisten kann: „friedenserhaltende“ Maßnahmen wie etwa die Versorgung mit Hilfsgütern, der Wiederaufbau von Infrastruktur und zerstörten Gebäuden, die Wiedereingliederung rückkehrender Flüchtlinge oder Hilfe beim Aufbau von politischen und Verwaltungsstrukturen.
Nach entsprechender Unterrichtung durch die Bundesregierung wird im New Yorker Büro des UNO-Generalsekretärs inzwischen davon ausgegangen, daß deutsche Soldaten nicht nur in Somalia, sondern auch überall sonst ohne Änderung des Grundgesetzes an „friedenserhaltenden“ Aufgaben teilnehmen können. Diese Aufgaben werden in dem Resolutionstext genau unterschieden von „friedenserzwingenden“ Handlungen nach Kapitel 7 der UNO- Charta (z.B. der Entwaffnung von Banden, der Durchsetzung von Abkommen oder Zwangsmaßnahmen unter Waffeneinsatz). Diese sollen durch Mitglieder der UNOSOM II-Truppe aus anderen Staaten übernommen werden.
In der Praxis dürfte sich diese Unterscheidung kaum durchhalten lassen. Die im Resolutionstext vorgenommene Aufteilung Somalias in „sichere“, „rebellenfreie“ Zonen (in denen deutsche Soldaten ausschließlich ihre Aufgaben wahrnehmen sollen), und „riskante“ Gebiete, wo nach wie vor mit Kampfhandlungen zu rechnen sei, hat sich schon in den letzten Monaten des UNITAF-Einsatzes als graue Theorie erwiesen. Immer wieder kam es zu gewalttäigen Handlungen und auch zum direkten Beschuß von UNO-Soldaten in „befriedeten“ Regionen.
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