: Bürgerbüro fürs Land
■ „Wieder Leben auf die Dörfer bringen"
Montags läßt sich Onnos Kundschaft Zeit. Denn nach dem Wochenende gibt es in Völlenerfehn viel zu erzählen. Onno Janssen, 45 Jahre alter Verwaltungsbeamter, kennt die Sorgen der Bürger aus dem 2.000-Seelen-Dorf in Ostfriesland. Onno ist der Mann für alle Fälle im „BürgerBüro“. Bei ihm bekommt man Fahrkarten, Verbrauchertips und Briefmarken. Man kann Pakete aufgeben, Schecks einlösen, Kontoauszüge abholen, amtliche Formulare erhalten und einreichen, Autos an-oder ummelden, telefonieren, fotokopieren, Lottoscheine abgeben oder eben klönen. Die Geschichte hat nur einen Haken: Sie ist noch Zukunftsmusik.
Voraussichtlich öffnet aber in Völlenerfehn oder einem Nachbarort tatsächlich bald ein BürgerBüro — es wäre das erste in Deutschland. Gerhard Hartema (SPD), Verwaltungschef der aus vielen kleinen Orten bestehenden Gemeinde Westoverledingen (Landkreis Leer), ist von der Idee begeistert. So komme wieder Leben in die Dörfer, aus denen „Tante-Emma-Läden“, Post-und Bankschalter oder Gemeindebüros nach und nach verschwunden sind. Hartemas Gemeinde ist am BürgerBüro-Projekt beteiligt, das seit drei Jahren in Niedersachsen läuft. Die Federführung hat der Städte-und Gemeindebund. Der Innenminister in Hannover und das Bundesforschungsministerium unterstützen das Projekt.
„Erfinder“ und Mentor der Idee ist Michael Schäffer, Verwaltungswirt und Referent einer Wirtschaftsberatungsgesellschaftaus Düsseldorf. Schäffers Argument: „Verwaltung, öffentliche und auch private Dienstleistungen müssen in einer modernen Gesellschaft wieder näher an die Bürger heranrücken“. Großes Interesse gibt es auch in Sachsen-Anhalt. Hans-Peter Schulz, Bürgermeister der Stadt Bismark in der Altmark: „Bei uns drohen jetzt auch immer mehr Dörfer auszusterben, wenn der Konsum schließt. Da können wir nicht tatenlos zusehen.“
Wissenschaftler sehen auch manches Problem. Immerhin: Der Datenschutzbeauftragte Niedersachsens hat anfängliche Kritik inzwischen revidiert. Doch „Bedenkenträger“ sitzen vor allem in den Behörden selbst. „Leider erfordert es die deutsche Verwaltungskultur, Bedenken auszuräumen, statt einfach zu beginnen“, klagt Professor Klaus Lenk von der Universität Oldenburg in einer Studie. Schließlich fehlt auch noch eine amtliche Arbeitsplatzbeschreibung für den Multifunktionsangestellten vom Typ Onno Janssen. Andreas Möser/dpa
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen