: Warnungen vor neuem Bürgerkrieg
■ Kambodschas Rote Khmer mobilisieren ihre Soldaten / Südostasiatische Nachbarn befürchten akute Kriegsgefahr / UNO soll "angemessene Vorbereitungen" treffen / Chancen für Wahlen sinken weiter
Phnom Penh/Kuala Lumpur (AFP/dpa/taz) –Die Roten Khmer haben offenbar begonnen, ihre Soldaten für einen neuen Bürgerkrieg zu mobilisieren. Und dies nicht nur in den von ihnen kontrollierten Regionen im Westen und Nordwesten des Landes, sondern in fast der Hälfte aller kambodschanischen Provinzen. Nach Erkenntnissen der UNO-Übergangsverwaltung in Kambodscha (UNTAC) soll General Ta Mok, der Militärbefehlshaber der Roten Khmer, in der an Thailand grenzenden Provinz Prey Vihear Rebellentruppen inspizieren.
Damit eskalieren die Roten Khmer ihren Kampf gegen die Durchführung der für den 23. bis 27. Mai geplanten Wahlen unter UNO-Aufsicht. Bislang hat diese Gruppierung – eine der vier ehemaligen Bürgerkriegsparteien, die sich 1991 auf einen Friedensplan geeinigt hatten – mit Sabotageakten und Anschlägen gegen UNO- Personal und die vietnamesisch- stämmige Bevölkerung die Vorbereitung der Wahlen zu verhindern versucht. Nachdem ein japanischer UN-Wahlhelfer und sein kambodschanischer Mitarbeiter offenbar von Roten Khmer ermordet wurden, sind ihre KollegInnen in dieser Woche „vorläufig“ nach Phnom Penh zurückbeordert worden.
Angesichts der jüngsten Entwicklung haben am Freitag führende südostasiatische Politiker vor einer akuten Kriegsgefahr in Kambodscha gewarnt. Der malaysische Ministerpräsident Mahathir Mohamad rief in Kuala Lumpur die UNO auf, frühzeitig angemessene Vorbereitungen für den Kriegsfall zu treffen. „Malaysia befürchtet“, sagte Mahathir, „daß in Kambodscha während der im nächsten Monat (23. bis 27. Mai) geplanten Wahlen Krieg ausbrechen wird.“ Der indonesische Außenminister Ali Alatas warnte vor einem „Konflikt nach Libanon- Muster in Südostasien“. Thailands Außenminister Prasong Soonsiri sagte, nur noch die UNO könnte die Roten Khmer zur Rückkehr in den Friedensprozeß bewegen.
Die Regierungen aller drei Länder – wie insbesondere auch China – lehnen bislang allerdings jeden Gedanken an eine UNO-Lösung für Kambodscha ohne die Roten Khmer grundsätzlich ab. Die regen Geschäftsbeziehungen der Roten Khmer mit thailändischen Partnern sind eine wichtige Einkommensquelle für diese Gruppierung, deren Führer Pol Pot gut geschützt von thailändischen Militärs in Bangkok leben soll. Ihr nomineller Chef Khieu Samphan und andere politische Größen der Roten Khmer, unter deren Regime zwischen 1975 und Ende 1978 vielleicht eine Million Menschen umkamen, haben Mitte dieser Woche ihr festungsartiges Stabsquartier in Phnom Penh „aus Sicherheitsgründen“ – wie sie erklärten – verlassen. Zuvor hatte Khieu Samphan die Teilnahme an weiteren Sitzungen des von Prinz Norodom Sihanouk geleiteten Kambodschanischen Nationalrats aufgekündigt, in dem Vertreter aller vier rivalisierenden Khmer-Fraktionen sitzen. li
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen