: „Es geht um Arbeitsplätze der Region“
■ Gewerbeflächenkonkurrenz, am Beispiel des Gewerbeparks Achim und der Fa. Wiebe
700 Hektar grüne Wiese stehen für Gewerbeansiedlungen im Umkreis des Bremer Kreuzes zur Verfügung, sagt der Bremer Wirtschaftssenator im Streit um die Frage, wie Bremen in der Gewerbeansiedlungs-Konkurrenz mithalten kann. Die Referentin für Wirtschaftsförderung in Achim, Erika Becker, lächelt bitter bei solchen Zahlen.
Zu dem innerbremischen Streit und dem, was sich „lange Jahre entwickelt“ hat zwischen Bremen und den angrenzenden Gemeinden, will sie vorsichtshalber aber nichts sagen. Nur soviel: Die Zahl 700 Hektar gibt es, sagt sie, die betrifft den gesamten Kommunalverbund um Bremen herum und langfristig mögliche Perspektiven, keineswegs konkret geplante Gewerbeflächen.
Achim hat in seinem „Gewerbepark“ in den nächsten 5 Jahren noch ca. 30 Hektar zu vergeben. Das Geheimnis dieses Ansiedlungsprojektes, so die zuständige Referentin, ist nicht die billige grüne Wiese, sondern die Nachbarschaft hochwertiger architektonischer Ansprüche: Nur wer die Freiflächen um die Gebäude „gärtnerisch anlegt“ und vor dem Kaufvertrag eine Bauskizze des architektonischen Projektes vorlegt, hat dort eine Chance. „Arbeiten im Park ist unser Slogan“, sagt die Wirtschaftsreferentin.
Die Autobahnabfahrt ist wenige hundert Meter entfernt. Achim setzt auf moderne Unternehmen, die ihren Mitarbeitern ein angenehmes Ambiente und gute Nachbarschaft bieten wollen, „Achim nimmt nicht jeden“. Betriebe mit Lärm- oder anderen Emissionen haben wenig Chance.
17 Kaufverträge sind in den letzten anderthalb Jahren unterschrieben, 500-600 Arbeitskräfte werden einmal in diesen Firmen arbeiten. „Mehr als 50 Prozent sind aus Achim“, sagt die Referentin: Modernisierung, Betriebserweiterung, Rationalisierung. Der Rest kommt aus 10 Kilometern Umkreis, unter den Ansiedlungserfolgen im Gewerbepark ist nur eine „echte“ Neuansiedlung.
Und das, obwohl Achim mit seinen unbürokratisch kurzen Wegen werben kann — die Wirtschaftsreferentin untersteht direkt dem Stadtdirektor. Aber Achim kann nicht mithalten, wenn es um Wirtschaftsförderungs-Mittel geht: „Bremen hat da ganz andere Möglichkeiten“, sagt Frau Becker. Wer in Achim Wirtschaftsförderung in Anspruch nehmen will, muß nach Hannover gehen. „Sowas hat bei uns bisher für Ansiedlungen keine Rolle gespielt.“
Im Somme bezugsfertig ist im Gewerbepark Achim der Neubau der Baufirma Wiebe, die mit 40-50 Arbeitskräften aus der Hollerallee in Bremen umziehen wird. In Bremen habe man vor zwei Jahren kein entsprechendes Grundstück gefunden, sagt man bei Wiebe. In Achim gibt es schon einen Lagerplatz, andere Betriebsteile in Dörferden. Als Standort für den großzügigen Prachtbau, in dem die MitarbeiterInnen zusammengebracht werden sollen, ist der Gewerbepark Achim gerade richtig.
Der Fall ist ein Beispiel für die Absurdität der langjährigen Konkurrenz zwischen Bremen und Niedersachsen um Gewerbeansiedlungen: Die Mutterfirma hat ihren (Steuer-)Sitz bisher schon in Dörferden. Da nicht wenige Mitarbeiter der Wiebe GmbH in Niedersachsen wohnen, wird auch die Einkommensteuer-Verteilung sich nur geringfügig verändern.
„Es geht doch um die Arbeitsplätze in der Region“, sagt die Wirtschaftsreferentin von Achim, die jeden Tag aus Bremen an ihren Arbeitsplatz fährt. Wie sie pendeln ca. 2000 Menschen aus Bremen nach Achim, doppelt so viele in der umgekehrten Richtung.
Daß es in Bremen einfach keine freien Gewerbeflächen mehr gibt, bezweifelt sie. In der Statistik des Kommunalverbundes stehen 60 Hektar bei Bremen, dahinter allerdings ein verräterisches Sternchen: „fest zugesagt“. Diese Kategorie gibt es in der Achimer Statistik nicht: Da kauft ein Unternehmen eine Fläche, oder sie ist frei. Bremen verkleinert seinen Flächenvorrat — statistisch. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen