piwik no script img

Streit um den Tod der Kinder in Waco

■ Weitere Kritik am Einsatz gegen Sekte / Clinton übernimmt die Verantwortung

Waco (AFP) – Unter striktem Ausschluß der Öffentlichkeit sind gestern die Ermittlungen auf dem bis auf die Grundmauern niedergebrannten Anwesen der Davidianer-Sekte im texanischen Waco fortgesetzt worden. US-Präsident Bill Clinton hatte am Dienstag abend eine gründliche Untersuchung des katastrophalen Endes der 52tägigen Belagerung der Ranch angekündigt.

Angesichts der öffentlichen Kritik am Vorgehen des FBI nach dem Tod von Sektenführer David Koresh und 85 seiner Anhänger betonte Clinton, er übernehme die „volle Verantwortung“ für die Operation, die zusammen mit dem Justizministerium ausgearbeitet worden sei. Justizministerin Janet Reno hatte erklärt, sie habe sich zum Handeln entschlossen, nachdem sie gehört habe, daß die Kinder auf dem Anwesen sexuell mißbraucht und geschlagen würden. Das Wall Street Journal berichtete unter Berufung auf Regierungskreise, eine mit einer Wanze durchgeführte Abhöraktion des Anwesens habe ergeben, daß der Sektenführer zuletzt zunehmend gewalttätig wurde.

Das FBI wurde unterdessen von der Verantwortung für den weiteren Einsatz in Waco entbunden. Die Spezialeinheit der Texas Rangers leitet nun die Untersuchungen auf dem Gelände. FBI- Einsatzleiter Jeff Jamar wies auf einer Pressekonferenz aufgebracht die Vorwürfe zurück, seine Polizeitruppe sei verantwortlich für den Tod der 86 Menschen und vor allem für den von 17 Kindern. Sie seien tot, weil Koresh sie getötet habe. Jamar berichtete, es gebe Beweise, daß mehrere Sektenmitglieder, die vor dem Feuer flüchten wollten, von anderen Davidianern erschossen wurden. So sei eine Leiche mit einer Schußwunde gefunden worden. Klarheit müsse letztlich jedoch eine Autopsie ergeben.

Der FBI-Verantwortliche wies zugleich Anschuldigungen von überlebenden Koresh-Anhängern zurück, das Inferno sei durch die Panzer-Aktion und das in die Ranch geleitete Tränengas ausgelöst worden. Es gebe „eindeutige“ Beweise, daß der Brand an mehreren Stellen gleichzeitig ausgebrochen sei, so Jamar.

Ein britisches Sektenmitglied, das die Katastrophe überlebte, hatte erklärt, das Feuer sei durch eine Petroleumlampe verursacht worden, die beim Einsatz der Panzer umgestoßen worden und auf den Holzfußboden gefallen sein soll. Der Brite, der in Untersuchungshaft genommen wurde, bestritt, daß Koresh und seine Gefolgsleute für den Fall eines Polizeieinsatzes einen Massenselbstmord geplant hätten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen