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Weltstadtplatz neu

Die Stadtplanung für die Mitte wird nur in Extremen gedacht: niedrig einerseits, wolkenkratzend andererseits. In der Friedrichstadt wird mit 22 Meter hohen „Bouletten“ ein Prinzip betoniert. Der zirkelschlagende Maßstab zwischen Straßenbreite und Gebäudehöhe ist die Bibel. Es scheint gleich, ob ein Haus ins Profil und zu den benachbarten Bauten gehört oder als Solitär geplant wird, wie auf dem „Hochhaus“-Grundstück am S-Bahnhof Friedrichstraße. Die Methode der „kritischen Rekonstruktion“ – die Lieblingsmethode unseres Senatsboulettenbaudirektors – zwingt alles ins dumpfe Glied zurück.

Dumpf dort – grell am Alexanderplatz. Wie aus Rache an der Traufhöhe blitzt ein Hochhausgewitter auf die ausgehöhlte Gegend nieder. Die Konkurrenz zum Fernsehturm nimmt keine Rücksicht auf bestehende Strukturen. Alles soll neu, anders und höher werden. Ein Mini-Manhattan, ein Konglomerat aus Türmen zu Babel und Toren zu Saba ist entstanden, das den Ort in die Knie zwingen will – mit 300-Meter-Investoren-Erektionen. Das geht nur am Alex, denn der Alex ist Trophäe.

Zum Diktat der Investoren kommt ein stadtplanerisches Defizit (beispielsweise stellt Hans Kollhoff in seinem Entwurf gleich 13mal dasselbe Hochhaus an den Alex – ist das Stadtplanung?). Damit geht man nicht über das Niveau dessen, was vorhanden ist, hinaus. Man zementiert es ein. Damit schafft man keinen modernen Städtebau, sondern propagiert alte Bilder. Die Berliner Planung orientiert sich seit der Wende in eine falsche Richtung. Nicht Ost-, sondern Westberlin profitiert vom Wende-Boom. Die Defizite liegen im Osten. Sie zu beheben geht nicht mit der Hochhaus-Brechstange. Moderner Städtebau zeichnet sich an schwierigen Stellen gerade durch große Behutsamkeit aus. Auch ist der Alex kein „Weltstadtplatz“ aus dem Jahr 1928, wo er „Haltepunkt für den Konsum und Schleuse für den Verkehr“ (Martin Wagner) war. Vielmehr bräuchte er ein Gesicht, das nicht aus dem Mythos geschnitten ist. Rolf Lautenschläger

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