Brasilianer wollen keinen Schwachkopf

■ Plebiszit eindeutig: Der Staatschef soll stark sein – und kein Monarch

Rio de Janeiro (taz) – Seine Majestät Dom Gastao Orleans e Braganza bewahrt Haltung: Die Monarchie sei ins Bewußtsein der brasilianischen Öffentlichkeit gedrungen, kommentiert der 80jährige Urenkel des ehemaligen brasilianischen Kaisers Dom Pedro II. das für die Anhänger des Königtums niederschmetternde Ergebnis der Volksbefragung am Mittwoch. Ersten Ergebnissen zufolge stimmten nur 15 Prozent der Brasilianer für die Restauration der Monarchie. Über die Hälfte der 90 Millionen Wahlberechtigten entschied sich für die Beibehaltung des Präsidialsystems, 25 Prozent der Wähler favorisierten den Parlamentarismus. Das offizielle Resultat des Plebiszits wird erst am Sonntag bekanntgegeben.

Der nostalgische Charme einer über allen Parteiinteressen schwebenden Vaterfigur – so die Werbung der Monarchisten – war nicht ausreichend, um die Rückkehr zur „guten alten Zeit“ zu bewirken. Im Gegenteil: Aufgrund massiver Propaganda der Anhänger des Präsidialsystems fürchteten viele Brasilianer sogar, daß mit der Restauration der Monarchie auch die Rückkehr der 1889 abgeschafften Sklaverei verbunden sei.

Der eindeutige Vorsprung des Präsidialsystems wird von Anhängern des Parlamentarismus als ein Denkzettel an die politische Klasse Brasiliens gedeutet: Während die Mehrheit der Abgeordneten im Kongreß von einem Premier träumt, sehnt sich das Volk nach einem starken Präsidenten. „Das Volk hat zu diesem Zeitpunkt nicht das geringste Interesse, mögliche Regierungsformen zu diskutieren“, befindet der TV-Kommentator Carlos Chagas. „Brasilien versteht etwas von Präsidenten. Hier gibt es Präsidenten für alles: Gewerkschaften, Anwohnervereinigungen, Fußballvereine und Unternehmen“, verteidigte Kommunikationsminister Hugo Napoleao sein Votum.

Sein Vorgesetzter, Staatspräsident Itamar Franco, sieht das anders: Er stimmte für den Parlamentarismus. Doch der Ausgang der Volksbefragung hat die Kampagne um die Präsidentschaftswahlen im Herbst 1994 bereits jetzt losgetreten. Mit anderen Worten: Brasilien ist die kommenden zwei Jahre zu politischer Handlungsunfähigkeit verdammt. Astrid Prange