■ Press-Schlag: Rache für Kutzop
Wer erinnert sich nicht an jenen lauen Abend vor sieben Jahren, als ein Spieler namens Kutzop ein paar Zentimeter zu weit nach rechts zielte und sich dadurch ewige Unsterblichkeit verschaffte? Michael Kutzop hat eine lange, durchaus erfolgreiche Karriere als Fußballer hinter sich gebracht, doch auf ewig wird sein Name nur mit diesem Elfmeterfehlschuß kurz vor Schluß der Partie gegen Bayern München verbunden sein, der Werder Bremen den Sieg und die Meisterschaft kostete. Fast die ganze Saison lang hatten sie an der Spitze gestanden, doch am letzten Spieltag fehlte genau der Punkt, den Kutzop an den Pfosten gesetzt hatte, nachdem zuvor ein Rekonvaleszent namens Rudi Völler im Strafraum zusammengebrochen war und dafür zu aller Überraschung besagten Strafstoß zugesprochen bekam. Ausgleichende Gerechtigkeit für die Missetat des Klaus Augenthaler, der ebenjenen Völler im Hinspiel mit einem der brutalsten Fouls der Bundesliga-Geschichte für ein halbes Jahr außer Gefecht gesetzt hatte. Doch Racheengel Michael versagte, die Bayern und ihr Großsprecher Udo Lattek holten dank des besseren Torverhältnisses den Titel, Werders Coach Otto Rehhagel war wieder mal als Otto II. durchs Ziel gegangen.
Danach wurden die Bremer auch mal Meister, gewannen sogar einen Europapokal, aber wenn kümmert das schon. Vorbei, vergessen, im Gedächtnis blieb allein der verlorene Showdown mit den Bayern, der Werder endgültig den Makel des ewigen Verlierers bescherte.
Eine kleine Chance zur Rehabilitation haben die Weserkicker heute abend. Da geht es wieder gegen die Münchner, und die Vorzeichen sind umgekehrt. Die ganze Saison lagen die Bayern vorn, doch plötzlich, keiner weiß genau wie, pirschten sich die Bremer Punkt für Punkt heran und könnten mit einem Sieg gleichziehen. Das Interesse ist immens. „Wir hätten 120.000 Karten verkaufen können“, reibt sich Werder-Manager Willi Lemke die Hände, und sein Glück wird nur dadurch getrübt, daß ins Weserstadion eben nur 40.800 Menschen hineinpassen.
Doch auch für den Rest ist gesorgt. Sat.1, das vor sieben Jahren mit der Übertragung des Kutzop-Dramas den medialen Durchbruch schaffte, bringt den Knüller des 28. Spieltages live (20.00 Uhr), und mit den Fernsehhonoraren können sich die Bremer über eine Einnahme von satten zwei Millionen Mark freuen. Dazu hätten sie ganz gern noch die Punkte, aber mit der Leistung vom 0:0 in Köln am letzten Freitag wird das nichts werden, zumal die Bayern beim 6:0 gegen Saarbrücken eine rauschende Galavorstellung boten. „Wir müssen drei Klassen besser spielen, wenn wir den Bayern einen großen Kampf liefern wollen“, fordert Otto II. Rehhagel. Und, nicht zu vergessen, die entscheidenden Strafstöße verwandeln. Matti
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