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Kriegspropaganda zur Hauptsendezeit

■ Im Offenen Kanal lief ein Propagandafilm zum Jugoslawienkrieg / Medienanstalt überprüft den Vorfall

Wedding. Leichen mit zertrümmerten Schädeln werden in Särge gepackt, Maden kriechen in Nahaufnahme aus toten, ausgestochenen Augen. Wieder und wieder wurden solche Szenen am vergangen Samstag zur Hauptsendezeit im Berliner Kabel wiederholt – im Offenen Kanal. Dort, wo sonst Berliner Originale wie „F.W. Kanne“ ihre Honigumschläge gegen Krebs empfehlen, Beiträge von westdeutschen Provinz-Schützenfesten berichten oder eine Gruppe von Jüngern des US-Professors Duesberg abstreitet, daß es Aids gibt. Zwischen 21.30 und 22.30 Uhr lief der Leichenfilm mit serbo-kroatischem Off-Ton, der offensichtlich ein Propaganda- Machwerk zum Krieg in Jugoslawien ist.

Nach Beschwerden von Zuschauern wird sich nun die Programmaufsicht für den Offenen Kanal, die Medienanstalt Berlin- Brandenburg (MABB), damit befassen. Die Kassette mit dem von einem/r Sasa Simovic verantworteten Film (Titel: „Srpska Televizija“) wird der MABB geschickt und dann übersetzt werden. Das sagte Bettina Brandi, beim Offenen Kanal verantwortlich für Öffentlichkeitsarbeit, der taz. Nach der Überprüfung der Kassette folgten eventuell eine Anhörung, eine Belehrung und möglicherweise ein „zeitweiser Ausschluß“ des Verantwortlichen vom Offenen Kanal.

Generell könne man beim Offenen Kanal laut Satzung bloß auf Beschwerden, also nachträglich reagieren, so Brandi. Untersagt sind laut Brandi im Offenen Kanal Sendungen, die zur Gewalt aufrufen, den Krieg oder Rassismus verherrlichen oder Andersgläubige und andere Kulturen herabsetzen. Auch Pornographie und Werbung seien verboten. Nur zu Zeiten des zweiten Golfkriegs habe es Stichproben vor der Ausstrahlung von einzelnen Beiträgen gegeben. Dieses Prinzip „Bürgerfernsehen ohne Vorzensur“ sei „manchmal schwer zu ertragen, hat aber auch Ventilfunktion“. Gegendarstellungen seien „leicht möglich und kostenlos“.

Mit den Duesberg-Jüngern, die abstreiten, daß das HI-Virus Aids verursacht, habe man sich auch schon prüfend befaßt, so Brandi. Deren Sendungen verstießen aber nicht gegen die Satzung. Explizit rechtsradikale Sendungen sind dem Offenen Kanal laut Brandi bislang nicht untergekommen.

Weil es immer mehr kommerzielle Sender, aber viel zuwenig Platz im Berliner Kabelnetz gibt, war der Offene Kanal kürzlich wieder ins Gerede gekommen. Ein Vertreter der Berliner FDP hatte das Projekt des Bürgerfernsehens als „gescheitert“ bezeichnet. kotte

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