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„Die Bedeutung immer wieder nachweisen“

■ Interview mit Ulrich Eckhardt, dem Leiter der Berliner Festspiele, zu der Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, das Festival abzuschaffen und dafür einen Theaterpreis zu vergeben

taz: Herr Eckhardt, sind Sie eigentlich mit der Arbeit der Jury in diesem Jahr zufrieden?

Ulrich Eckhardt: Das Besondere am Theatertreffen ist doch diese Jury. Wir leisten uns den Luxus, eine neunköpfige Jury reisen zu lassen. Jeder von denen sieht im Jahr ungefähr 200 Inszenierungen. So entsteht eine Grundlage von 800 Aufführungen, aus denen sich dann zwölf Nominierungen herauskristallisieren. Es ist also der Versuch, die Theaterproduktion eines Jahres im Zusammenhang zu gewichten und daraus Maßstäbe zu entwickeln. Letztlich ist das jetzt beginnende Festival nur ein Anhängsel dieser aufwendigen Vorarbeit. Die eigentliche Arbeit des Theatertreffens liegt in der Bewertung von bedeutenden Theaterarbeiten. Und zwar in einem sehr rigiden Verfahren.

Aber ist es denn überhaupt noch möglich, aus dem größer gewordenen Angebot die zwölf bemerkenswertesten Inszenierungen herauszufiltern?

Sicher, man stößt da oft an Grenzen. Aber offensichtlich ist das leistbar, schließlich ist es geschehen. Und gerade in der derzeitigen Situation ist es kulturpolitisch auch unbedingt notwendig. Viele DDR-spezifischen Kräfte des Theaters haben sich in den letzten Jahren in den Hintergrund drängen lassen, und eher zweitrangige West-Inhalte und ästhetische Positionen haben dort Fuß fassen können. Man muß sich also gerade jetzt auf die Suche machen nach den wertvollen ursprünglichen Theaterereignissen, die es dort ja auch noch gibt. Das Theatertreffen ist da sehr wichtig. Wenn die Lage in ein paar Jahren etwas ausgeglichener sein wird, muß man sich diese Frage neu stellen.

Es hat ja in diesem Jahr einen unglücklichen Berlin-Schwerpunkt gegeben, in diesem Zusammenhang ist auch die Diskussion um die Volksbühne wichtig. Ist die Satzung des Theatertreffens vielleicht nicht mehr zeitgemäß?

Das könnte richtig sein. Die Satzung hat tatsächlich das Bild von der Versammlung einzelner Theaterproduktionen. Das Theatertreffen kann das Phänomen „Volksbühne“ als einen bemerkenswerten Neubeginn nicht angemessen bewerten und darstellen. Man muß über eine Reform der Satzung nachdenken. Die allzu starke Berlin-Präsenz ist für das Theatertreffen sicher gefährlich.

Diese Berlin-Entscheidung hat Ihnen in diesem Jahr aber aus einer großen Finanznot geholfen. Muß man nicht langsam daran denken, die Idee des Treffens zu erhalten, sie aber kostengünstiger weiterzuführen? Zum Beispiel in Form eines Theaterpreises, den es bisher nicht gibt?

Dieser Vorschlag hat auf den ersten Blick etwas Verführerisches an sich. Ich persönlich würde mich aber dagegen wehren wollen, daß man jetzt mit Preisvergaben anfängt.

Aber ist eine Nominierung auf dem Theatertreffen nicht schon längst ein „Preis“?

Natürlich hat das Theatertreffen etwas mit „Marktwert“ zu tun, und wir müssen konzeptionell weiterdenken, um von diesem „Bestseller“-Syndrom wegzukommen. Aber bisher besteht der Preis des Theatertreffens doch darin, in Berlin aufgeführt zu werden. Und es ist für jeden Theatermacher immer noch eine Herausforderung, sich in dieser Stadt, vor diesem Publikum, bewähren zu können. Das ist der Preis, und so sollte es bleiben.

Theater reisen zu lassen ist sehr kostspielig. Muß man da nicht realistischer herangehen?

Sicher, wir müssen ökonomisch denken. Aber man muß die Geldfrage zunächst völlig beiseite lassen, sie jedes Jahr neu auf sich zukommen lassen. Der Gedanke eines solchen Theaterpreises ist eben primär reizvoll, aber dann doch nicht günstig. Das Theatertreffen wird auch im nächsten Jahr in der gewohnten Form stattfinden. Allerdings, das muß ich zugeben, sind wir in den kommenden Jahren auf dem Prüfstand. Wir müssen in Zukunft die Bedeutung dieser aufwendigen Präsentationsform immer wieder nachweisen.

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